Mittwoch, 25. Dezember 2013

Turkvision – Schamanengesang, Ganzkörperschleier und dynamischer Ethnopop

Am 19. und 21. Dezember 2013 fand in der türkischen Stadt Eskisehir der Wettbewerb Turkvision statt, diesmal mit richtig internationalem Flair und medienwirksamer Promotion. 24 Teilnehmer aus verschiedenen turksprachigen Ländern und Regionen traten gegeneinander an und suchten das beste Lied und die beste Stimme der türkischen Welt.

Die Idee eines solchen Contestes ging von den Türken aus, es wird aber betont, dass Turkvision trotz Ähnlichkeit mit dem ESC nicht als eine Konkurrenzveranstaltung zu verstehen ist, auch wenn nun Länder wie Bosnien-Herzegowina, Rumänien, Zypern, Ukraine, Mazedonien, Weissrussland, Russland oder Aserbaidschan an beiden Veranstaltungen teilnehmen. Sinn und Zweck des Wettbewerbs sieht man vor allem in der Zusammenführung und Weiterentwicklung der türkischen Kultur und in der Schaffung eines gemeinsamen kulturellen - und ich gehe mal davon aus - auch eines musikwirtschaftlichen Bereiches.

Mit Turkvision konnte man als ESC-Fan mal seine Geographiekenntnisse aufbessern und Musiker kennen lernen, von denen man sonst nie etwas gehört hätte. Die Liste der teilnehmenden Regionen, Länder und Musiker einschließlich Wertungsergebnisse können auf Wikipedia nachgelesen werden.

Die Darbietung der Vielfalt türkischer Musikkultur wurde dann allerdings nur durch die Gesamtheit der 24 Teilnehmer im Semifinale voll eingelöst. Die Jury neigte eher dazu, schon im Semi-Finale das Besondere ihrer Kultur auszusortieren. Ob belustigend oder bewundernd, in einem waren sich selbst konservative ESC-Fans einig: So viel musikalische Abwechslung und viele gute Interpreten bietet der ESC nicht (mehr). Vor allem die Sängerinnen aus den russischen Regionen Tuva, Saylık Ommun, und Kemerowo, Çıldız Tannakeşeva, hätten unbeding ins Finale gehört. Sie präsentierten eine Gesangsdarbietung, die bei uns mit Begriffen wie „Schamanengesang“ und „Klangmeditation“ bestenfalls der Kategoie esoterische Lebenshilfe oder (naive) Musiktherapie zugeordnet werden.
Beide Sängerinnen scheinen den die Technik des Kargyraa-Gesangs zu beherrschen. Das ist beim suboptimalen Sound der Videos zwar nicht klar zu hören, aber die von ihnen gesungenen schnarrend klingenden Borduntöne filtern Unter- oder Obertöne meist automatisch heraus. 

Bei Saylık Ommun aus Tuva dürften sie sich gut mit der Backgroundmusik vermischen. Sie lieferte über mehrere Oktaven mit Glissandi, Verzierungen aller Art, Beatboxing, Growling und Joik ein Feuerwerk der Klanggestaltung.

Çıldız Tannakeşeva aus Kemerowo ließ kurz eine ganz andere Vorstellung von Musik durchschimmern, die sich an die Natur, z. B. an Vogelgezwitscher, orientiert. Wenn überhaupt noch in der Musik experimentiert wird, dann im Sound. Hätten die Juroren schon mal von der populären Jazz- und Stimmperformerin Meredith Monk aus den USA gehört, die sich offensichtlich von diesem Gesang hat inspirieren lassen, hätten sie diese Beiträge vielleicht als besonders avantgardistisch gewürdigt

Alina Sharipzhanova aus Tatarstan gab sich gefälliger und führte vor, dass, wer die asiatisch-orientalischen Gesangstechniken beherrscht, so nebenbei auch R&B singen kann. Ihr Lied "Üpkälämim" (I'm Not Resentful) erreichte immerhin Platz 4 im Finale.

Die drittplatzierte Ukrainerin Fazile Ìbraimova setzte zunächst auf Optik, indem sie sich scheu und Ganzkörper verschleiert auf die Bühne tragen ließ, dann aber im Verlauf des Songs immer temperamentvoller und freizügiger wurde. Auch sie betörte mit einer kraftvollen tiefen Stimme.

Auf andere Weise beeindruckend auch der Auftritt der Weissrussin Gunesh Abbasova, die schließlich knapp Zweite wurde. Wenn Weissrusslands Interpreten beim ESC stets Englisch gesungene Popmusik nach dem Motto „Augen zu und durch“ präsentieren, stellte sich die Diva Gunesh selbstbewusst wie eine Dompteurin vor das Publikum. Das war einer der wenigen ausdrucksstarken Chansons, wo Textverständnis unverzichtbar war. Leider verstehe ich kein Türkisch.

Ähnlich ausdrucksstark und gut gesungen war der angekündigte R&B-Mugham-Mix „Sensiz“ des Aserbaidschaners Farid Hasanov. Er hat jedoch kurzfristig diesen Beitrag gegen Ethnopop ausgetauscht, den er dann für mein Empfinden etwas „unfertig“ mit Boygroup präsentierte. Das Kalkül ist allerdings aufgegangen, sein schmissiger Beitrag "Yasa" (Leben) machte den ersten Platz. Das Lied ist vom gleichen Komponisten, der auch Aserbaidschans Debüt-Lied "Day After Day" in 2008 geschrieben hat.

 

Und sobald Aserbaidschan einen Contest gewinnt, ist die westliche Welt - wie man noch am gleichen Abend auf Twitter verfolgen konnte - sofort auf 180. Auch das Kalkül ist aufgegangen ;-)
Ich habe es als sehr angenehm empfunden, dass die Turkvision das erste Gebot der christlichen Hemisphäre umging, nämlich dass „Sex Sales“. Statt nackte Haut viel Folklore und man wurde als Musikpublikum Ernst genommen. Insofern war die Turkvision doch eine sehr gelungene Gegenveranstaltung zum ESC.

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Sonntag, 8. Dezember 2013

Junior ESC 2013: Eurovisionssiegerin Ruslana droht mit Selbstverbrennung

… wenn sich die Politiker in der Ukrainie nach dem gescheiterten EU-Assoziierungsabkommen nicht unverzüglich zugunsten des Westens entscheiden. Wer sich jetzt fragt, was das mit dem Junior Eurovision Song Contest zu tun hat, zweifelt zu Recht. JESC und EU-Ostpartnerschaftsgipfel in Vilnius fanden ziemlich zur gleichen Zeit statt und die Eurovisionssiegerin von 2004, Ruslana, spielte in beiden Veranstaltungen eine dubiose Rolle. 

Bevor ich auf ihr Fehlverhalten beim JESC 2013 zurückkomme, ihre medienwirksame Androhung im Wortlaut: "I’m honest, if no changes are made, I’ll burn myself in this square. My decision is decisive." Das nenne ich Terror. Oder setzt man bei einer 40 Jahre alten Popsängerin auf Narrenfreiheit? Ein Politiker würde mit solchen Äußerungen wohl nicht ernst mehr genommen werden. Genau deswegen weigere ich mich eine Politik ernst zu nehmen, die (im Rahmen der Eurovision) von Seiteneinsteigern aus der Promiwelt betrieben wird. Großmäuligkeit mit Freund-Feind-Schema und einer Totalität in den Forderungen lassen auf eine politische Laienhaftigkeit schließen. 

Politische Prinzipien verkörpert Ruslana jedenfalls nicht. Während sie in unseren Medien wie eine Heldin gefeiert wird, wird unterschlagen, wie sie sich zur gleichen Zeit in ihrem Metier als Musikerin unprofessionell, verantwortungslos und unsolidarisch verhalten hat. Während also die Ausschreitungen in Kiew Sonnabends den 30.11.2013 ihren Höhepunkt zusteuerten, wurde zur gleichen Zeit der Junior Contest in Kiew ausgestrahlt. Weil nur wenige Länder am JESC teilnahmen, gab es mehrere Pauseneinlagen, geplant war auch eine eine mit Ruslana. Sie hatte mit einer relativ großen Gruppe Teenager eine Choreographie einstudiert, sagte dann aber kurz vor dem Finale ihre Teilnahme ab. Offensichtlich war ihr ein Auftritt bei den Demos wichtiger. 

Abgesehen davon, dass so eine kurzfristige Absage den Veranstaltern gegenüber nicht gerade nett ist, kann man sich vorstellen, wie groß die Enttäuschung unter den Kindern war. Sie hatten völlig umsonst trainiert und wurden um ihren großen Auftritt gebracht. Zitat eines Beobachters: "Officially she has been frostened at Maidan, which didn't stop her from doing live interview hours before the show on Russian radio. I don't even remember any of the similar stories before when the act has been rehearsed throughout the week and does not perform on the final show." Auch das junge Publikum wurde um einen Teil der Show betrogen. Auf youtube kann man sich die Probe zu diesem Auftritt, der nie stattfand, anschauen.

Hätte Ruslana sich nicht für die Kinder 120 Minuten Zeit nehmen können? Ich muss mich zynisch fragen, wie viel mehr ihr die westlichen Militärstrategen wohl geboten haben, dass sie sich gegen ihre Profession entschied und es sogar darauf anlegte, die Kinderverantstaltung zu sprengen!? Unverständlich ist mir auch das Schweigen der EBU, die sich für die internationalen Übertragungen verantwortlich zeichnet, und die sonst bei Regelbrüchen jeder Art rügt oder gar mit drakonischen Strafen droht. 

Die gute Nachricht zum Schluss: Die Show gelang auch ohne Ruslana. Zu den verbliebenen Pauseneinlagen gehörten natürlich die der letzten Siegerinnen aus dem JESC 2012, Anastasiya Petryk, und dem ESC 2013, Emmelie de Forest aus Dänemark. Mein persönliches Highlight war die märchenhafte Disneydarbietung des Songs „Gravity“ der diesjährigen urkrainischen ESC-Teilnehmerin Zlata Ognevich (3. Platz). 



Gewonnen hat den Wettbewerb eine kleine Sängerin aus Malta, Gaia Cauchi, mit dem Lied "The Start". Für die Malteser eine historische Sensation, denn beim Erwachsenencontest haben sie noch nie gewonnen. Eine Auflistung aller Teilnehmer, Lieder und Resultate des JESC 2013 findet man auf Wikipedia. 

Nach diesem gelungenen JESC 2013 aus Kiew ging ein Foto um die Welt, in der der jüngste Teilnehmer Rustam Karimov aus Aserbaidschan bei der Aftershow-Party euphorisch mit seiner Konkurrentin aus Armenien (Tänzerin der armenischen Band) tanzt. Die Kinder und die ukrainischen Veranstalter haben jedenfalls Sinn und Zweck der Veranstaltung nicht aus den Augen verloren. 






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Sonntag, 1. Dezember 2013

Musik und Politik: Wie der Eurovision Song Contest 2012 in Baku die Welt veränderte

Ich übertreibe? Ok, auf jeden Fall war es ein Festival, dass meine Wahrnehmung der Welt veränderte. Ich muss mir nur den Opening Act des Finales anschauen, und schon kommen mir vor Rührung die Tränen: Ich war dabei! 


Die nagelneue Chrystal Hall entpuppte sich auf einer Halbinsel als eine wehrhafte Wasserburg umringt von Kriegsmarine. Nachmittags sah ich Militärkonvois Richtung Chrystal Hall fahren, in denen Soldaten hockten in schicken schwarzen Anzügen. Für uns war die Halle nur mit personenbezogenen Tikets, durch ein Nadelöhr, einem 20-Minuten-Marsch und nach 5 Sicherheitskontrollen zu erreichen. Während des Finales war die Stimmung in der Halle unterkühlt. Im Gegensatz zu den Semis blieben Sitzreihen leer. Ich hatte den Eindruck, dass 40% des Publikums Sicherheitskräfte, 20% ins Konzept eingeweihte Schüler und Studenten waren, der Rest war das ESC-Publikum. 

Vor kurzem sind die Terroristen, die vor und während des ESC in Aserbaidschan Terrorakte ausüben wollten, zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Ich war also dabei, als außerhalb der Halle terroristische Angriffe abgewehrt wurden. Bei den Festnahmen war ich natürlich nicht dabei, das muss ich einfach glauben. Da aber die Aserbaidschaner die Namen der Terroristen sowie die beschlagnahmten Waffen und Gegenstände mehrere Male in ihren Medien genannt haben, wirkt dies glaubwürdig. 

Die deutsche Presse ist Welten davon entfernt uns zu erklären, wie diese Terroristen und ihre Waffen einzuordnen sind. Genauso wenig haben sie den Anstand, den Aserbaidschanern Dank auszusprechen, dass sie dem Publikum das Leben gerettet haben. In unveränderter Wortwahl schreibt JEDE Zeitung die Pressemeldung von AFP einfach nur ab, in der am Schluss pflichtgetreu die diskreditierenden Phrasen hinzugefügt werden. Und dann soll der in die Irre geführte Leser zwei völlig verschiedene Meldungen von a) Lebensretter und b) böses Land selber in einen Zusammenhang bringen? Ok, das habe ich gemacht. 

Schon in Vorbereitung auf Baku habe ich diverse Medien und Parteien darum gebeten, dafür zu sorgen, dass die Hasskampagne eingestellt wird. Schließlich war es unverantwortlich, mutwillig die Lage in Baku zu destabilisieren und uns Fans ins offene Messer rennen zu lassen. Sogar ein Boykott, der uns von der Anreise abgehalten hätte, wäre mir logischer erschienen. Ich erspare es mir zu beschreiben, was ich dabei erlebte und empfehle stattdessen die Lektüre „Die Stunde der Dilettanten“ von Thomas Rietzschel. Was Rietzschel beschreibt wurde mir 2012 in abgeänderter Form auch durch russische, aserbaidschanische und iranische Einschätzungen auf deren Info-Portalen bestätigt: Dass wir mit Dilettanten in Medien und Politik und ihren wertlosen Scheinerfolgen auf die falsche Fährte geführt werden und uns damit moralisch und intellektuell selber ruinieren. 

Ich bin nach Baku gefahren weil ich bemerkte, dass diesen angegriffenen Ländern mittlerweile mehr zuzutrauen bzw. mehr zu vertrauen ist als uns.  

Als beim Finale die Aserbaidschanerin Sabina Babayeva und der Mugham-Sänger Alim Qasimov
das Lied anstimmten „When The Music Dies“, wurde mir cold cold cold...


Ich musste daran denken, wie in Deutschland aus dem Musikwettbewerb ein Länderwettstreit gemacht worden war und dass wir Fans seit 2008 systematisch über Medien und organisierten Fanclubs mit Kriegsideologie 365 Tage im Jahr indoktriniert, ja, fertig gemacht werden. Die Eurovisionsgruppen mit ihrer wachsenden Nähe zu Politik, Kirche, halbseidenen Promis und diversen Interessengruppen kann man mittlerweile mit verdeckt arbeitenden NGO's in Osteuropa und im Nahen Osten vergleichen. 

Sentimental musste ich an das Nachbarland Iran denken, wo die Musik nach der Machtergreifung Khomeinis 1979 gestorben ist. Ich dachte mir, die Iraner müssen doch mitbekommen, wie ihr Nachbarland sich mit einem ungeheurlichen Aufwand in einen künstlichen Ausnahmezustand versetzt und mit einem ausgerechnet europäischen Popmusikspektakel seinen selbstverwalteten Reichtum präsentiert. Auch die gescheiterten Versuche des Westens, das Land anzugreifen, dürften ihnen nicht entgangen sein. Und siehe da: Die jüngsten Nachrichten – von Aserbaidschan bis Iran – sehen nach Veränderung aus. 

Es ist nicht anzunehmen, dass die Terroristen in Aserbaidschan als Einzeltäter mit individueller Motivation einzuordnen sind. Sie folgen einem Auftrag. Genauso ist nicht davon auszugehen, dass Promis wie Thomas Schreiber vom NDR, Stefan Niggemeier (Blogger) oder Anke Engelke... oder Politiker aus der 2. Reihe wie Markus Löning (FDP) und Nicolaus Meyer-Landrut (FDP) eigenmächtig ihren Kompetenzbereich überschreiten, Europa auf Kriegsideologie einschwören und vor der Weltöffentlichkeit andere Länder angreifen. Auch sie werden ihre Auftraggeber haben. Bleibt zu hoffen, dass es nicht die gleichen sind wie die der Terroristen. 


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Donnerstag, 21. November 2013

Eurovision Song Contest – Abstimmungsmodalitäten Teil III - Die Jury

Mit Vehemenz und Verbissenheit widmet sich die EBU bzw. ihre Reference-Group seit 2008 den Belangen der Jury. Im Regelwerk zur 59. Ausgabe des Eurovision Song Contest 2014 umfasst die Beschreibung des Jury-Einsatzes 3 von insgesamt 6 Seiten. Die in den Medien angekündigte „Transparenz“ und „Strenge“ bezieht sich somit in erster Linie auf den Einsatz der Experten-Jury.

Hierzu schon mal einen ersten Stolperstein vorweg: Bei der genaueren Beschreibung dieses Einsatzes wird stets auf ein „Green Document“ verwiesen, das dem Leser vorenthalten wird:

Siehe Punkt 1.3.1 „Each National Jury shall vote in accordance with the instructions included in the so-called „Green Document“ und 

Punkt 1.3.2. „The National Juries shall watch the live transmission of the second Dress Rehearsals and proceed to vote in accordance with the EBU's instructions in the so-called „Green Document“.

Mit Punkt 1.3.3 werden Pflichten und Vorgehensweise der Juroren beschrieben, ich fasse zusammen: Die Jury votet stets bei der Generalprobe der Shows, also einen Tag vorher. Sie müssen bestätigen, dass sie die Regeln einhalten und unabhängig abstimmen. In jedem Teilnehmerland muss unter Beaufsichtigung eines Notars der Juryvorsitzende das Gesamtergebnis der 5 Juroren mit einem Computer errechnen, das Ergebnis auf ein Blatt Papier schreiben und per Fax an „the pan-European televoting partner“ schicken. Jury-Vorsitzende und Notare müssen sich während der Show verfügbar halten, um bei etwaigen Unstimmigkeiten Rede und Antwort zu stehen.

Unter Punkt 1.3.1 ist vorgegeben, wer Juror sein darf: „Radio DJ, artist, composer, author of lyrics or music producer.“ Im Gegensatz zur Zusammensetzung der Reference-Group möchte man hier Ausgewogenheit „in terms of gender, age and background.“ 6 Jahre hat man uns also eine Experten-Jury vorgegaukelt und erst jetzt macht man sich Gedanken zu seiner Zusammensetzung! Dennoch heißt das: Keine Musikredakteure wie in früheren Zeiten, keine Musikjournalisten, keine Musikwissenschaftler oder Musikblogger. Die zugelassenen Berufsgruppen dürften alle der Musikindustrie und einem Label nahe stehen, sie bewerten also entweder ihre Kollegen oder ihre Konkurrenz. 

Da könnte so mancher Juror schon im vorauseilenden Gehorsam zur Selbstzensur neigen. Um so mehr, weil ihre Namen bereits am 01.05. veröffentlicht (Punkte 1.3.1) und ihre gesamten Ergebnisse im Anschluss an den ESC auf einer Homepage präsentiert werden sollen. Wie unabhängig und frei die Juroren bei dieser Regelung urteilen, sei dahin gestellt.

Ausgerechnet beim Urteil selbst können sie Kreativität und Individualität walten lassen. Möglicherweise wird das nach 20 Jahren Castingshows niemand fragwürdig finden. Ich möchte aber zu bedenken geben, dass es hier um einen internationalen Musikwettbewerb geht, in dem Länder mit unterschiedlichen Traditionen konkurrieren. Da sollte das Regelwerk ein paar Kriterien bieten, die den unterschiedlichen „europäischen“ Traditionen und Musikmärkten verpflichtet sind. Oder man macht ein paar Vorgaben, die für Sänger, Komponisten und Autoren eine Herausforderung darstellen.

Das Regelwerk bietet nichts dergleichen. Den Juroren wird lediglich eine Verhaltens- und Vorgehensweise vorgeschrieben, ansonsten müssen sie bei der Bewertung mit noch mehr Irratonalität und Willkür ans Werk gehen als das Publikum. Votet nämlich das Publikum nur für 1 oder 2 Lieblingssongs, müssen die Juroren ALLE - meist gleichförmigen - Popstücke in eine Rangordnung bringen. Ohne irgendeinen Bezugsrahmen wird es schwierig, ihre Bewertung im Zweifelfall nachvollziehbar zu machen. Aus genau diesem Grund könnte die Reference-Group mit gleicher Irrationalität und Willkür ungeliebten Ländern Missbrauch unterstellen…

Da die Juroren zudem eine Show bewerten, die gar nicht im TV übertragen wird, nämlich die Generalprobe, entzieht sich das alles auch einer Kontrolle des Publikums. (Aus diesem Grund glaube ich übrigens nicht mehr, dass die Jury-Sieger im Finale noch live singen.)

Die wichtigste Frage lässt das Regelwerk am Ende offen, und genau an dieser entzündete sich der Protest: Wer kontrolliert eigentlich, dass das deutsche Unternehmen Digame, hier „the pan-European televoting partner“, am Ende nicht die Zahlen manipuliert? Zur Erinnerung: Die europäischen Daten von Telefonvoter und Jury laufen alle in einem einzigen Privatunternehmen auf, und zwar digame mobile GmbH in Köln. Unter Beobachtung der PWC werden sie gesammelt und wieder distribuiert und dann im TV vorgetragen. Um wirklich jedes Haar in der Suppe auszuschließen müsste aus jedem Teilnehmerland ein Notar zur Prüfung nach Deutschland abgeordnet werden. Aber DAS Thema wird einfach ausgespart. Insofern scheint es immer noch Grauzonen für interne Absprachen zu geben.

Fazit: Für einen internationalen Wettbewerb sind die unausgewogene Zusammensetzung der Reference-Group und ihre Vorgaben im Regelwerk unbillig und diskriminierend. Die Telefonvoter werden über den Tisch gezogen, ihre Mitsprache wurde auf ein Minimum begrenzt. Der Einsatz der Jury dient aller Wahrscheinlichkeit nach rein statistischen Zwecken. Im Regelwerk werden sie schon vor ihrem Einsatz mit Verhaltensregeln eingeschüchtert. Anders ist die Drohgebärde unter Paragraph 1.3.3 nicht zu verstehen: „If it appears that votes are casted only in the intent to abuse the voting system or to false the final results or have not been undertaken in accordance with the Green Document, the EBU [und ihre Partner] reserve the right to remove such votes for allocating the ranks“.

Die Reference-Group scheint sich als eine Art westeuropäische Polizei zu verstehen. Ihre seit 2008 so vehement verteidigte Experten-Jury täuscht das Image von musikalischer Kompetenz nur vor. Denn in diesem von der EBU herausgegebenen Regelwerk zum Musikwettbewerb wird die Musik mit keiner Silbe erwähnt. Von dem Musikwettbewerb bleibt bestenfalls ein Länderwettbewerb übrig.

Teil I - Einleitung 
Teil II - Das Telefonvoting

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Donnerstag, 14. November 2013

Eurovision Song Contest – Abstimmungsmodalitäten Teil II - Das Telefonvoting

Leider ist auch die Errechnung der Punkte zum Streitthema geworden. Die EBU behauptet die Regeln optimiert zu haben, diese hat sie in einem Regelwerk zur 59. Ausgabe des Eurovision Song Contest 2014 veröffentlicht.

In Punkt 1.1.3 wird der Vorgang der Punktevergabe beschrieben, wie es das Publikum während der Show vor den Fernsehgeräten mitverfolgen kann. Das Ergebniss wird aus Jury- und Telefonvoting errechnet, die beide zu 50% in die Wertung eingehen.

2013 wurde eine Veränderung vorgenommen, die ich grob erklären möchte: Bis 2012 hat man nur die jeweils zehn Besten von Telefonvoting und Jury miteinander verrechnet. Hatte also ein Interpret von der Jury 12 Punkte und vom Publikum 0 Punkt erhalten, pendelte sich das Ergebnis bei ca. (12 + 0) / 2 = 6 Punkten ein. Seit 2013 werden alle Lieder in die Verrechnung einbezogen. Rangiert nun ein Kandidat im Finale beim Publikum auf Rang 1 und bei der Jury auf Rang 26, dürfte sich der Mittelwert bei (26 + 1) /2 = Rang 14 einpendeln, wodurch der Kandidat bei einer Bewertung von 10 Plätzen (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 12 Punkten) nicht mehr in der Endwertung auftaucht.

Ein rumänischer Blogger hat dies anhand der italienischen Wertung genauer beschrieben. Hier ist auffallend, dass der rumänische Vertreter Cezar vom italienischen Publikum mit Abstand auf Platz 1 gewählt wurde, nach der Verrechnung mit der Jurywertung ging er leer aus. Auf meine Frage, wer denn die italienischen Jury-Experten gewesen seien: „All male, no musician (contradicting EBU rules), president is journalist at right-wing newspaper“. Zur Jury mehr in Teil III.

Konnte die 5-köpfige Jury bis 2012 das Ergebnis des Telefonvotings abschwächen, kann sie seit 2013 das Publikumsergebnis löschen. Die Masse der Telefonvoter zahlt für jeden ihrer Anrufe, die wenigen Juroren hingegen werden (wahrscheinlich) bezahlt. Man kassiert den Telefoneinsatz des Publikums und kann danach seine Stimmen ungültig machen. Solange man das Publikum nicht deutlich auf diese Bedingungen hinweist, ist das Täuschung oder gar Betrug.

In dieser Regeländerung bringt die Reference-Group ihre Geringschätzung der Publikumsmeinung zum Ausdruck. Dass man das Telefonvoting nicht gleich ganz abschafft, erkläre ich mir damit, dass man weiterhin mit den Telefongesellschaften Geschäfte machen möchte.

Darüberhinaus drückt sich in der neuen Regelung auch eine Geringschätzung der Popmusik aus. Während das Publikum erfahrungsgemäß höchstens für ein oder zwei Lieblingslieder anruft, müssen die Juroren ALLE Lieder in eine Rangordnung bringen. Das ist bei 40 (relativ gleichförmigen) Popmusikstücken völlig unseriös. Auch die Musiker bekommen bei so einem gemixten Ergebnis kein brauchbares Feedback mehr von ihren Konsumenten. Eine Lösung wäre, 2 Sieger zu küren.

Die Reference-Group besteht nur aus Vertretern westeuropäischer Länder, zwei von ihnen gehören zu den Big-5 (Deutschland, Italien), die aufgrund höherer finanzieller Einlagen gar nicht richtig am Wettbewerb teilnehmen. An dieser jüngsten Regeländerung wird klar, warum sie Länder wie die Türkei nicht mehr in ihren Reihen duldet, denn die hätten dagegen protestiert. Die Diaspora von süd- und osteuropäischen Ländern tragen den Nachteil davon - und nur die Telefongesellschaften in westeuropäischen Ländern reiben sich die Hände. Diese neue Regelung war ein Grund für den Ausstieg der Türkei. 

Die Veränderung der Punkteberechnung benachteiligt das Publikum und die Musiker. Diese neue Regelung dient offensichtlich nur statistischen Zwecken. Die Reference-Group verlegt den Schwerpunkt weg vom Musikwettbewerb hin zum Länderwettbewerb. Die unausgewogene Zusammensetzung der Reference-Group lässt zudem auf wirtschaftliche, aber auch auf verdeckt politische Absichten schließen.


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Donnerstag, 7. November 2013

Eurovision Song Contest - Abstimmungsmodalitäten auf dem Prüfstand - Teil I

Die Punktevergabe war stets der Kult des Eurovision Song Contest. Mittlerweile sorgen die Beurteilungen der Lieder nur noch für internationale Dissonanzen. Außenminister aus Russland und Aserbaidschan sahen sich 2013 genötigt einzuschreiten, und die Türkei ist 2012 ganz ausgestiegen. Vorwürfe wegen Wettbewerbsverzerrung, Punktegeschacher, Stimmenkauf und Manipulationen aller Art machen die Runde und dabei werden gleich ganze Nationen in Bausch und Bogen verurteilt. Europa gerät beim ESC zunehmend in Kriegsstimmung. Trotz zunehmender politischer Scharfmacherei bleibt eine Beobachtung von Fachleuten aus Musik und Politik aus, man überlässt das Thema ESC weiterhin den Boulevardblättchen.

Nun hat die EBU (Eurovision Broadcasting Union) einen Anfang gemacht und ihr Regelwerk zur 59. Ausgabe der Eurovision 2014 optimiert und will mit den Begriffen „Strenge“ und „Transparenz“ alle Zweifel ausräumen. Ich habe es mir genauer angesehen und möchte es im Folgenden in 3 Teilen kommentieren. Als Bloggerin sind meine Recherchemöglichkeiten beschränkt, daher werden einige Fragen offen bleiben. Vielleicht können Leser diese Auseinandersetzung ergänzen.

Punkt 1.1.1. „A maximum of 46 countries shall be allowed to participate.“ Sind diese 46 Mitglieder auch alle befugt, über dieses Regelwerk abzustimmen? Oder kaufen sie vielmehr die Katze im Sack? Schwachpunkt Nr. 1: Man bekommt keine Auskunft, wie und durch wen dieses Regelwerk zustande gekommen ist. Stattdessen wird mehrere Male auf die Reference-Group verwiesen. Sollte diese Gruppe weitrechende Entscheidungsbefugnisse haben, erscheint sie mir in ihrer derzeitigen Zusammensetzung nicht ausgewogen und nicht repräsentativ für die Gesamtheit der europäischen Länder: 

Dr. Frank-Dieter Freiling, Deutschland, Chairman
Jon Ola Sand, Norwegen, Executive Supervisor
Pernille Gaardbo, Dänemark, Executive Producer, produziert den ESC 2014
Martin Österdahl, Schweden, Executive Producer, hat den ESC 2013 produziert
Christer Björkman, Schweden, ?
Thomas Schreiber, Deutschland, ?
Aleksander Radic, Slowenien, ?
Nicola Caligiore, Italien, ?

Es fehlen Vertreter unterschiedlicher Generationen, es fehlen unabhängige Vertreter, die für die Interessen des Publikums und der Musiker einstehen sowie Vertreter aus süd- und osteuropäischen Ländern. Seit 2010 werden die Türken aus der Reference-Group ausgeschlossen. Das ist übrigens einer der Gründe, weswegen die Türkei sich komplett zurückgezogen hat.

Im ersten Satz heisst es: „The Eurovision Song Contest is an international coproduction by EBU members.“ Dieser Satz deutet auf die gemeinsame Finanzierung hin, aber auch hier scheitert es mit der Transparenz. Es gibt zumindest in dieser Broschüre keine Information zur Finanzierung, bei meinen Internetrecherchen bekam ich stets andere Zahlen. Fakt ist, dass es um eine Riesensumme geht. Hinzu kommen für die Länder Kosten für den musikalischen Beitrag, für Promo, Anreise und Unterbringung der Delegation etc., was manche Rundfunkstation vor große Probleme stellt. 

In weniger finanzstarken Ländern müssen die Künstler einen Teil der Kosten übernehmen. Bei uns wird das alles stillschweigend von Rundfunkgebühren bestritten. Alles. So bezahlt der deutsche Gebührenzahler ungefragt über Jahre hinweg die größtangelegteste Star-Promo in der Popgeschichte der Nachkriegszeit für die Nichte von Nicolaus Meyer Landrut (FDP), Sinn und Zweck wird nicht mal ansatzweise hinterfragt.

So weit ich in Erfahrung bringen konnte, muss jedes Land eine 6-stellige Teilnahmegebühr entrichten. Einen höheren Teilnahmebetrag zahlen die sog. Big-5-Länder Frankreich, Spanien, Großbritannien, Italien und Deutschland, die damit allerdings den Wettbewerb umgehen und sich gute Finalplätze kaufen (von Rundfunkgebühren). Einen sicheren Startplatz im Finale hat auch das austragende Land (Vorjahressieger), denn deren Rundfunkstation muss durch die Ausrichtung der Show wohl am tiefsten in die Tasche greifen. Allein schon die Vorgabe der Ausrichtung im Folgejahr ist für ärmere Länder eine Killerregel.

Im Regelwerk werden die gekauften Finalplätze ohne weitere Erklärung garantiert: „There shall be six guaranteed places, one for Host Broadcaster,[…] and five EBU-members from France, Germany, Spain, Italy and UK. […] Apart from the six broadcasters with guaranteed places, all participating Broadcasters from a maximum of 40 countries shall compete in one of the Semi-Finals for the 20 remaining places in the final.“ 

In Punkt 1.2 werden die Kriterien zu den Liedern zusammengefasst. Sie dürfen nicht länger als 3 Minuten sein. Und „[Songs] must not have been commercially released before 1 september 2013.“ Sollte diese Regelung gebrochen werden, hat „Executive Supervisor authority to evaluate whether the composition is eligible...“ Bislang war es zudem so, dass man den Beitrag bis zu einer bestimmten Deadline fest zu legen hatte und danach keine Veränderungen am Song mehr vornehmen durfte. Wurde diese Regel für 2014 gar aufgehoben? Immerhin wurden Regelbrüche bezüglich ihrer Deadlines bislang mit hohen Geldbußen belegt.

Das weiss ich, weil gerade Fans westeuropäischer Länder wie die Schießhunde aufpassen, wodurch so manches ärmere Land bis heute in die Negativschlagzeilen geraten ist. Seit 2013 gibt es ein gutes Beispiel, wie parteiisch die Reference Group arbeitet: Als nämlich Deutschland in der Vorentscheidung gleich mehrere Beiträge präsentierte, die vorzeitig veröffentlicht worden waren, hat wohl der Executive Supervisor stillschweigend „evaluated“ und diese Regelung gelockert. Weissrussland hingegen musste sein Lied 2011 auswechseln, weil es schon ein einziges Mal in einer Schulaula vorgesungen worden war. Ähnlich erging es auch der Ukraine 2010 mit Sängerin Alyosha, deren Beitrag auf einer verkümmerten Myspace-Seite unter ihrem Familiennamen Olena Kucher gesichtet worden war.

Fazit: Grundsätzlich sollte die EBU ihre Informationspolitik optimieren statt ihr „Regelwerk“. Das Regelwerk wirft hinsichtlich seines Zustandeskommens und der Finanzierung mehr Fragen auf als es beantwortet. Diese mangelhafte Informationspolitik steht im Widerspruch zu Begriffen wie Strenge, Transparenz und Gerechtigkeit.

Das von der Reference-Group demonstrierte Verständnis von Wettbewerb begünstigt die Interessen einer kleinen Gruppe. Die Big-5-Regel, nach der sich Länder ins Finale kaufen können, ist feige und unfair. Selbst wenn man eine finanzielle Großzügigkeit der 5 Länder unterstellt, bleibt diese Regel dann immer noch ein Selbstbetrug am eigenen Publikum. Dem Publikum in diesen Ländern wird mit gekauften Finalplätzen, geschummelten Statistiken und (in Deutschland) Wahnsinns-Promotion Leistung, Erfolg und Beliebtheit nur vorgetäuscht, im Grunde müssen sie alles mit Rundfunkgebühren finanzieren.

Demnächst
Teil 2 - Das Telefonvoting
Teil 3 - Die Jury 

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Dienstag, 5. November 2013

Ein Mann lässt sich einen Bart wachsen

... und trägt dazu Frauenkleider. Mit dieser Sensation möchte Conchita Wurst alias Tom Neuwirth beim nächsten Eurovision Song Contest 2014 für Österreich punkten. Viele ESC-Fans – die Fanclubs bestehen in Westeuropa zu 80% aus Homosexuellen – zeigen sich irritert. Wer nach zahlreichen Christopher Street Days, nach Westerwelle und Wowereit und gefühlten 3000 Tunten beim ESC diese Masche noch als Provokation für nötig hält, hat die Emanzipation der letzten 30 Jahre nicht mit vollzogen. 

Wahrscheinlich musste sich Conchita deswegen noch zusätzlich etwas Besonderes einfallen lassen. Sie hat sich vor den Karren einer Polit-Kampagne spannen lassen, bei der nicht klar ist, ob es um die Emanzipation oder um Ausbeutung von Eitelkeit und Ängsten der Homosexuellen geht. 

Zur Kampagne: Angeblich gibt es eine weissrussische Gruppe, die bei der weissrussischen Regierung eine Petition vorzulegen beabsichtigt, mit der ein Verbot der TV-Ausstrahlung von Conchitas Auftritt beim ESC bewirkt werden soll. Aus moralischen, religiösen und pädagogischen Gründen, versteht sich. Das Ganze wurde auf Facebook und offenen PR-Portalen verbreitet. Lange Zeit war nicht klar, wer sich hinter diesen weissrussischen Moralaposteln verbirgt, denn nicht die Initiatoren der Kampagne, sondern nur die vermeintlich angegriffenen Schwulen wussten darüber zu berichten. Sie nahmen und nehmen diesen Vorgang zum Anlass, um Lukaschenkos Negativurteil schon mal vorweg zu nehmen und einen Ausschluss von Weissrussland und Russland beim ESC zu fordern. 

Vielleicht weil sich die Weissrussen partout nicht für die Sache interessieren und auch, um die Scharfmacherei etwas anzufeuern, hatte am 31.10.2013 eine Person namens Artsyom Kirashou auf Radio Free Europe – Radio Liberty sein Coming Out als Initiator dieser Kampagne. 

Hartnäckigkeit und Großmäuligkeit der offensiven User, die angeblich aus der Defensive heraus als diskriminierte Schwule handeln, wie auch die Veröffentlichung auf dem amerikanischen Propagandasender Free Europe erwecken in mir den Eindruck, dass dahinter Agenten stehen, die unter Vortäuschung von Schwulenbelangen den ESC mal wieder als Täuschungsmanöver missbrauchen. Im Ergebnis helfen sie nicht den Interessen der Homosexuellen, sondern schaffen künstliche Anlässe um ein Freund-Feind-Schema zu schüren und Osteuropa- und Islamhass unter die Leute zu bringen. 

Insgesamt wird damit eine sehr triviale Vorstellung von Menschenrecht und Selbstbestimmung verbreitet. Als würden sich diese Werte, die im Abendland in Jahrhunderten erkämpft wurden, heutzutage per Knopfdruck auf der TV-Fernbedienung weltweit umsetzen lassen. Und wenn das nicht – zack, zack – funktioniert, soll es legitim sein, ganze Nationen zu erniedrigen, auszugrenzen oder anzugreifen – am besten noch mit Hilfe des Militärs? 

Solche dubiosen Kampagnen setzen den Frieden aufs Spiel und sind eine Verkehrung des Menschenrechts.


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Dienstag, 8. Oktober 2013

Der Eurovision Song Contest schrumpft

Nahmen 2010 und 2009 noch 43 Länder am Eurovision Song Contest teil, kommt man bislang nicht mal auf 30 Anmeldungen. Immer mehr Länder steigen aus, zur Begründung wird auf Geldknappheit und allgemeine Finanzkrise verwiesen. Die Türkei ist verärgert, sie moniert einen Betrug am Publikum seit den in 2013 veränderten Abstimmungsmodalitäten.

Ich frage mich seit Jahren, welcher Zwang oder welche Verlockung dahinter stecken, dass sich gerade ärmere Länder einer Show ausliefern, die ihnen nur Kosten verursacht, in der sie nicht die geringste Chance auf Erfolg haben (oder aus Kostengründen vielleicht gar nicht haben wollen) und in der sie sich regelmäßig irgendwelchen Brüskierungen ausliefern. Wenn einige von ihnen jetzt aussteigen, erscheint mir das wesentlich nachvollziehbarer. 

Ums Geld wird beim Eurovision Song Contest immer noch ein großes Geheimnis gemacht, klar ist, dass es hier um Riesensummen geht. Jedes Land muss eine nicht unerhebliche Teilnahmegebühr entrichten, um überhaupt mitmachen zu „dürfen“. Hinzu kommen die Ausgaben für das Lied, Anfahrt und Unterbringung der Delegation usw. Einen noch höheren Betrag zahlen die sog. Big-5-Länder Frankreich, Spanien, Großbritannien, Italien und Deutschland, die damit allerdings den Wettbewerb umgehen und sich auf diese Weise die Finalplätze kaufen. Einen sicheren Startplatz im Finale hat auch das austragende Land (Vorjahressieger), denn deren Rundfunkanstalt muss durch die Ausrichtung der Show am tiefsten in die Tasche greifen. 

Auch wenn diese Finanzierung sehr geordnet klingt ist unschwer zu erkennen, dass das Geld die Fairness des Wettbewerbs untergräbt, praktiziert vor allem von Ländern, die aus ihrer finanziellen Überlegenheit auch noch das Recht ableiten, zugleich als Hüter der Moral und Gerechtigkeit aufzutreten. Ich kann nicht nachvollziehen, dass weder Presse noch Fanclubs diesen Widerspruch hinterfragen. Als wenn die deutsche Fußballnationalmannschaft vor jedem Spiel mit 3 Toren Vorsprung antreten würde... Stattdessen versuchen Fans gerne, süd- und osteuropäischen Ländern Bestechungsaffairen anzuhängen.

Hinzu kommt eine Strenge der Regeln schon bei den nationalen Vorentscheidungen, deren Verletzung von der EBU auch wieder mit hohen Geldbußen belegt wird. Hier passen die Fans der reicheren Länder dann auf wie die Schießhunde, wodurch so manches Land - vor allem in Osteuropa – monatelang in die Negativschlagzeilen gerät. Trifft es zufällig mal Deutschland (vorzeitige Veröffentlichung der Beiträge in 2013 war regelwidrig), werden stillschweigend die Gesetze gelockert. Offensichtlich haben also alle Länder die gleichen Verpflichtungen aber nicht die gleichen Rechte, was mir als Deutsche vor Fans anderer Länder langsam peinlich wird. Diese Ungleichheit beeinträchtigt die Kommunikation negativ.

Dass Größe immer Ausdruck von Macht und Erfolg ist, ist unter Männern ausgemachte Sache. Schlimm also, wenn ihr Ding schrumpft. Hierfür müssen jetzt die Organisatoren eine Begründung finden, damit sie nicht ihr Gesicht verlieren. Ich gehe mal davon aus, dass die deutsche Presse über "vernünftige Sparmaßnahmen" schreiben, über „beleidigte Türken“ berichten, sich das Maul über Länder zerreißen wird, die sowieso nicht mit Geld umgehen können. Und bestimmt werden Fans und Presse wieder über Diktaturen Bescheid wissen (Russland, Aserbaidschan, Weissrussland), um die man schon immer einen Bogen hätte machen sollen... während man gleichzeitig mit den - man höre und staune - Chinesen (lupenreine Demokratie) um die Übertragungsrechte feilscht. 

Fakt ist, dass bei weiterem Schrumpfen der Teilnehmerzahl ein weltweit medienwirksames Symbol europäischer Zusammengehörigkeit zerbröckelt. Ignoranz kann nicht darüber hinweg täuschen, dass damit auch das hegemoniale Selbstverständnis der Westeuropäer ins Wanken gerät, indem ihnen nämlich die Prellböcke abhanden kommen...

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Sonntag, 29. September 2013

Bundesvision Song Contest 2013 – Bosse gewinnt und unser Star für Kopenhagen könnte MC Fitti sein

Der Auftritt von MC Fitti beim Bundesvision Song Contest war eine Eurovisions-reife Überraschung. Bis gestern habe ich ihn nur als einen Spaßvogel wahrgenommen, der Konzerte in Trams und Sightseeing-Busse gibt und in stundenlangen Radiointerviews immer wieder sein eigenes Lied hören möchte - „Bitte spiel es doch noch mal, oh, das ist so schön, nicht wahr?“ - und damit das Formatradio ad absurdum führt. 

Bei seinem gestrigen Auftritt waren Lied, Lightshow und Performance stimmig. In seinem Outfit erinnerte er mich an Sébastian Tellier, der 2008 für Frankreich angetreten war. 
 

Sympathisch auch, wenn er zu seiner Konkurrenz auf die Bühne sprang und für sie warb. 

„MC Fitti, was wirst du machen, wenn du gewinnst?“
„Ich werde mit Bosse tauschen.“ 

Der (zufällige?) Witz dieser Antwort erschloss sich mir erst, als Bosse tatsächlich gewann. Den ganzen Abend hatte MC Fitti den Wettbewerb auf angenehme Weise untergraben. Den Rest erledigte die Technik, denn man konnte beobachten, wie die Punkte visuell schneller zum jeweiligen Kandidaten huschten, als die Moderatoren der Radiostationen sprechen konnten. Warum auch nicht? Oder nimmt irgendjemand diese Wettbewerbe noch ernst?

Dumm ist das für den Zweitplatzierten Johannes Oerding für Hamburg, denn der war genauso gut wie der Erstplatzierte Bosse für Niedersachsen. Vielleicht war es ja die außergewöhnliche Tanzeinlage, der Bosse seinen Sieg zu verdanken hat, sein Outfit kann es jedenfalls nicht gewesen sein. 

Ich hatte bei diesem BuViSoCo den Eindruck, einer Big-Brother-Show in einer Riesen-WG zu folgen. Die Teilnehmer präsentierten statt Wettkampf brüderliche Geschlossenheit, und sie unterschieden sich lediglich im Ausmaß ihrer Schruddeligkeit. Das Gute daran war, dass man so nicht Äpfel mit Birnen vergleichen musste. Und es war vorher schon klar, dass die routinierten Stars auf der linken und die unerfahreneren Stars auf der rechten Seite der Tabelle landen würden. Was aber Professionalität und Unterhaltungswert der Show betrifft, ist Raab damit weit unter das Niveau der diesjährigen Vorentscheidung der ARD gefallen, die er ursprünglich toppen wollte. Die war abwechslungsreicher. Wenn er immer noch damit wirbt, dass junge deutsche Musiker nur bei ihm die Chance eines TV-Auftritts bekommen, möchte ich da ein großes Fragezeichen setzen.

Stattdessen frage ich mal provokativ, ob es in Deutschland immer noch keine Behinderte oder keine Menschen mit Migrationshintergrund beispielsweise aus der Türkei oder dem Iran gibt, die Musik machen. Die einzige dunkelhäutige Sängerin Luna Simao, die für Schleswig-Holstein einen guten 6. Platz holte, war durch ihr Alter (17 Jahre) leicht „gehandicapt“. Sie durfte nämlich nach 23:00 Uhr nicht mehr auf die Bühne. Diese Artigkeit wurde peinlich, als zum Schluss alle auf der Bühne standen, und nur sie im Zuschauerraum bleiben musste. Was sollen Menschen denken, die ohne deutsche Sprachkenntnisse diese Show verfolgen? 

Als Eurovisions-Fan verfolgt man nämlich gerne Vorentscheidungen anderer Länder, und da werden die eben genannten Gruppen durchaus integriert. Der einzige Deutsche, der bislang Behinderte und Migranten einen internationalen ESC-Auftritt ermöglicht hat, war übrigens Ralph Siegel – und das liegt viele Jahre zurück. Weder Raab noch Guildo Horn (Musiktherapeut für Behinderte) noch der NDR haben daran etwas geändert. Im Gegenteil.

Genau wie beim Bundesvision Song Contest werden auch bei der Deutschen Vorentscheidung wie beim ESC Musik und Musiker immer mehr zur Nebensache, stattdessen rücken sich zunehmend die Organisatoren in den Mittelpunkt, die nur noch auf den Wettbewerb und seinen Abstimmungsmodalitäten und -ergebnissen herumreiten.

Und genau deswegen wünsche ich mir zur allgemeinen Entkrampfung endlich mal wieder einen Spaß-Act aus Deutschland beim ESC, und der könnte MC Fitti heißen.


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Mittwoch, 4. September 2013

Wie der Neofaschismus in der Popkultur salonfähig gemacht wird

Am 22.07.2011 ereignete sich in Norwegen ein doppelter Terroranschlag. Im Regierungsviertel der norwegischen Hauptstadt explodierte eine Bombe, kurze Zeit später wurde auf ein Jugendlager auf der Insel Utoya ein Anschlag verübt. Insgesamt 77 Menschen kamen dabei ums Leben. Der Attentäter war der rechtsradikale christliche Fundamentalist Anders Behring Breivik.

Einige Stunden vor dem ESC-Finale in Düsseldorf schrieb Breivik Folgendes in sein Manifest: "Saturday May 14 - Day 13: It's the Eurovision finale today. I just love Eurovision...!:-) It's a lot of crap music but I think it's a great show all in all. I've seen all the semi finals and will take the time of to watch it later today, online. My country has a crap, politically correct contribution as always....I hope Germany wins". 

Einige Stunden später gewann nicht Germany, sondern Aserbaidschan. Für Norwegen war die 25-jährige Kenianerin Stella Mwangi, für Deutschland zum 2. Mal Lena Meyer-Landrut gestartet. 

Mit diesem Zitat outete sich Breivik als prominentester Fan des Eurovision Song Contest und der deutschen Lena-Meyer-Landrut und wies damit auf Querverbindungen zwischen Eurovision und einem im Internet verdeckt tätigen europäischen Neofaschismus hin. In den Medien wird Breivik als Einzeltäter abgestempelt, in seiner Gesinnung ist er es nicht, er repräsentiert ganze Netzwerke im Internet. Ein Jahr nach dem Attentat hat beispielsweise Politically Incorrect seine Abschlussrede nicht nur veröffentlicht, sondern in gutes Deutsch übersetzt, in der Breivik ein weiteres Mal im Rückgriff auf den ESC ungestört sein Weltbild rechtfertigt. Norwegische ESC-Teilnehmer werden abfällig als „Asylanten mit Tatarenhintergrund“ bezeichnet deren Beliebtheit ein Hinweis auf „die psychische Krankheit", auf "kulturelle Zwangsvorstellungen und kulturelle Selbstverachtung hinweisen, was einer einer sofortigen Medikamentierung bedarf“. 

Man kann an dem Fall Breivik doch erkennen, wie der Mix eines Täuschungsmanövers mit 
  • vordergründig harmlosen Events (sei es der ESC, Olympia oder die EM) und 
  • des Etiketts des „pro-Amerikanisch-pro-Israelischen“ (PI, welcher Deutsche wagt schon, dagegen was zu sagen?) mit 
  • künstlichen Betroffenheitsszenarien und totalitären Spaßkampagnen à la Lena 
leicht außer Kontrolle geraten kann. Dieser mögliche Ursache-Wirkungs-Zusammenhang und seine Gefahren werden von Medien und Politik tabuisiert. Keiner hat professionell hinterfragt, was die deutschen „Lenastheniker“ (so verniedlicht nannten sich die PR-Multiplikatoren in Rundfunk, Politik, Wirtschaft und Kirche) so "richtig" gemacht haben, dass sich Neofaschisten im Internet davon angesprochen fühlen. Wozu überhaupt dieser ganze Lena-Kack? 

Lieber schüren Medien und Politik die Skepsis gegen das „böse Internet“ und verweisen auf die Kontrolle von Verfassungsschutz und Geheimdiensten. Ausgerechnet. Nach all den Infos zu NSU und NSA finde ich das bedenklich, mir wäre die Kontrolle einer aufgeklärten und kritischen Öffentlichkeit genauso wichtig. 

Seitdem bin ich mit meinen Fragen allein...
Dass nicht mal die jüdische Gemeinde daran Anstoß nimmt, wenn unter dem Etikett des „Pro-Israelischen“ ein mörderischer Rassismus verbreitet wird, irritiert mich maßlos. 

Unklar ist mir auch, warum sich nach Bekanntwerdung des Breivik-Zitates die verantwortlichen Profiteure und Supporter dieser Eurovisionskampagnen bis heute nicht gegen rechte Gewalt abgegrenzt haben. Jeder Ernst zu nehmende Künstler hätte dies getan – schon allein um seine Fans zu schützen. Welcher Fan will sich schon mit den Breivik-Brüdern in einer Schublade wieder finden? 

Stattdessen registrieren Medien und die straff organisierten schwulen Männerbünde der Eurovision vor Olympia jeden umgekippten Sandsack in Russland, aber mit einem neofaschistischen Massenmörder in den eigenen Reihen haben sie kein Problem. 

Was die erfolgsverwöhnten Stars betrifft kann ich mir ausrechnen, welches Kaliber jetzt Schenkel klopfend vor der Glotze sitzt, wenn Stefan Raab eine Polittalkshow moderiert oder Lena Meyer-Landrut in der Sesamstraße das Kinderprogramm bestreitet.

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Freitag, 30. August 2013

Wie sogar der Eurovision Song Contest für militärische Zwecke missbraucht wird


Nach dem ESC in Malmö hatten sich die Außenminister von Russland und Aserbaidschan mit einer Beschwerde zu Wort gemeldet. Achtung: Ginge es nur um den Musikwettbewerb, hätte eine Einmischung der jeweiligen Rundfunkanstalten gereicht. Immerhin wissen wir durch das Einschreiten ranghoher Politiker nun, dass die Abstimmungsergebnisse in Deutschland gehortet und geheim bleiben müssen. Warum? Es würde doch bestimmt niemanden umhauen zu erfahren, dass im Showbusiness geschummelt wird. Ich vermute, die Politiker hatten die Absicht, einigen Militär-Strategen ihr Spielzeug kaputt zu machen. Politische Techtelmechtel mag es bei diesen Länderwettbewerben immer gegeben haben, aber seit 2008 wird immer die gleiche Zielrichtung und die gleiche plumpe Strategie angewandt, so dass es den oben erwähnten Außenministern wahrscheinlich aus dem Hals heraus hing.

Zur Zielrichtung: Während sich westeuropäische Länder als sog. "Satellites" die Monumentalsiege zuspielen, werden osteuropäische und islamisch geprägte Länder von ihnen nur noch angegriffen und diskreditiert. Höhepunkt dieser Hetze war der Contest in Baku, forciert von Politiker Markus Löning (FDP) und Journalist Stefan Niggemeier. Man muss sich mal den Artikel Unser Eklat für Baku von Niggemeier zu Gemüte führen. Null Information, stattdessen haut er mit der verbalen Keule auf alles ein um alle in Linie zu bringen. Und das im Namen der Pressefreiheit!


Nicht irgendein Castingsternchen, sondern FDP-Politiker Markus Löning dominierte auf den Eurovisions-Tralala-Seiten des NDR 2012 als Shootingstar. Aber für was? Menschenrechtsbeauftragter für Tussys, Pussys, Popos und Schlager? "Herr Löning, wenn ich Politik betreiben möchte, gehe ich in eine Partei und nicht in einen Schlagerverein. Und wenn ich nach Baku zum ESC fahre, möchte ich Musik hören und Urlaub machen und nicht die aserbaidschanische Regierung stürzen. Und schon gar nicht "tanze" ich wie Niggemeier mit einer unbekannten Opposition in Aserbaidschan, die möglicherweise mit Terroristen in Dagestan kooperiert. GEHT's NOCH?!"


Zur Strategie siehe Niggemeier-Artikel: Es wird unter politisch unerfahrenen Gruppen ein Betroffenheitsszenario losgetreten, breite Zustimmung vorgegaukelt und eingeschüchtert. Alle werden zur Positionierung gezwungen, und wehe, man wagt es zu zweifeln.


Schon das ganze Gelaber um die Abstimmungsmodalitäten beim Eurovision Song Contest seit Wiedereinführung der Jury 2008 ist nur politische Stimmungsmache. Unterhaltungschef Thomas Schreiber vom NDR spielt sich dabei auf, als müsse ausgerechnet er beim Eurovision Song Contest die westliche Demokratie und Moral gegen den bösen Osten und den bösen Islam verteidigen. Irre, wenn er sich dabei auf einen Wettbewerb stützt, dessen wahren Ergebnisse nicht mal spontan veröffentlicht werden können. Aber noch irrer ist sein Support.


2011 outete sich Anders Behring Breivik als prominentester Fan des ESC und der Lena-Meyer-Landrut-Kampagne. Obwohl von Breivik wie von Meyer-Landrut ein Wahnsinns-Bohaai gemacht wurde, blieb bei dieser sensationellen Querverbindung sonderbarerweise das Betroffenheitsszenario in den Medien aus. Ausgerechnet bei diesem Beispiel wäre ausnahmsweise mal eine klare Positionierung und Abgrenzung gegen Neofaschismus und rechte Gewalt angebracht gewesen.



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Donnerstag, 1. August 2013

Bushido, Shindy und Haftbefehl für Deutschland zum Eurovision Song Contest 2014

“Imagine the Eurovision Song Contest taking place behind bars in a prison!”, so esctoday im Juni 2013. Einer der drei noch in Frage kommenden Austragungsorte ist nämlich die dänische Stadt Horsens, die den Contest in einer ehemaligen Justizvollzugsanstalt austragen möchte, dem Fængslet. In diesem ehemaligen Staatsgefängnis saßen von 1853 bis 2006 Strafgefangene mit mehrjährigen Haftzeiten ein. Nach seiner Schließung wurde es zum Museum, in dem allerdings auch schon Konzerte stattfanden, beispielsweise mit der Band Metallica. Da würden doch Gangsta-Rapper wie Bushido, Shindy und Haftbefehl wie die Faust aufs Auge passen. 

Break The Rules 
Wie jedes Jahr gibt es auch bereits Vorschläge zum Eurovisions-Slogan 2014 und zum Design.



In Anbetracht der ganzen Votingdebakel, der unerlaubten politischen Stimmungsmache und der teilweise unerträglichen Spießerschnulzen wäre doch der Slogan „Break The Rules“ geradezu ideal. Würde auch wiederum zum Umfeld Knast passen. Und zum Gangsta-Rap sowieso. 

Eurovision Song Contest als Erziehungsmaßnahme
Dass es unbedingt eine Ehre ist, beim ESC anzutreten, halte ich für ein Gerücht. Man kann sich dabei auch ganz schön blamieren, ob nun für oder mit seinem Land. Ich möchte jedenfalls wissen, wie sich deutsche Rapper vor europäischem Publikum präsentieren. 

Die Vorteile für die Medien und Organisatoren liegen doch auf der Hand. Bushido, Shindy und Haftbefehl würden dem NDR, vielleicht sogar der EBU die teure PR ersparen, dafür würden unsere Jungs (ungewollt) selber sorgen. Die BILD hätte bis Ende Mai 2014 ihre täglichen Schlagzeilen – und Bushido müsste mit der schwulen Fangemeinde zumindest eine Notgemeinschaft eingehen.

Claudia Roth, Serkan Tören und Klaus Wowereit könnte ich mir für 2014 auch gut als Jurymitglieder vorstellen. Im Ernst.


Und am Schluss die große Versöhnung. 

Und ungefähr so stelle ich mir spontan den Beitrag vor. Haftbefehl mit "Gestern Gallus heute Charts", das klingt doch schon mal nicht übel. 



Also bitte supporten. 




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Sonntag, 21. Juli 2013

Bushido für Deutschland zum Eurovision Song Contest

Diesen Vorschlag machte ich 2008 schon mal aus eigenen Überlegungen heraus, diesmal bietet Bushido mit seiner neuesten Provokation selber die Steilvorlage. Und da beim Thema Eurovision derzeit nichts läuft, nehme ich das jetzt gerne als Aufhänger. 

Der Medienhype um Bushidos Song „Stress ohne Grund“ ebbt schon wieder ab, aber Bushido wird sicherlich noch nachlegen. Vom hämischen Grinsen bis zu öffentlichen Empörungswellen war alles dabei. Gerade damit hat Bushido erreicht was er wollte, wie auch Jo Groebel in Stimme Russlands feststellt: „Ein großer PR-Coup […] von Bushido. Eine Zeit lang hat er richtig als lammfromm gegolten, als ehemaliger Gangsterrapper, der dann angeblich brav geworden war, über den ein Film gemacht wurde, der sogar den Integrationspreis bekommen hat. Offenbar hat er dann sein früheres Publikum verloren ohne neues hinzu zu gewinnen, und ich vermute mal, dass er deshalb jetzt ordentlich einen draufgelegt hat um wieder die alte Form, sprich, in Anführungszeichen, das "schlechte Image" zu gewinnen.“  

Pöbelnde Spießer
Ich finde den Song zwar indiskutabel, aber immerhin beschränkt sich Bushido auf das Anpöbeln deutscher Politiker und Promis. Peinlicher ist es, wenn Prominente mit Spießerimage wie Thomas Schreiber vom NDR, FDP-Politiker Markus Löning oder Anke Engelke vor der Weltöffentlichkeit im Namen Deutschlands ausländische Politiker anpöbeln. So geschehen in Aserbaidschan. 

Man muss sich die Situation mal vorstellen, in die wir normalen Fans durch dieses Spießergepöbel gebracht wurden: 

Die nagelneue Austragungshalle in Baku entpuppte sich als eine wehrhafte Wasserburg, umringt von Kriegsmarine und von Fans nur durch ein Nadelöhr und mehreren Sicherheitskontrollen zu erreichen. In der Halle während des Finales (im Gegensatz zu den Semifinalen) zahlreiche leere Sitzreihen, ich war umringt von militärischen Sicherheitskräften und von ins Sicherheitskonzept eingeweihte Schulklassen. Außerhalb der Halle wurden zu unserem Schutz terroristische Angriffe abgewehrt. Und dann kommt Stinkbomben-Anke und pöbelt bei der Punktevergabe den aserbaidschanischen Präsidenten an, nur um in der weit entfernten deutschen Bevölkerung Destabilisierung und Bürgerkrieg in Aserbaidschan als akzeptabel und notwendig erscheinen zu lassen! Ich wäre am liebsten im Boden versunken! 

Angenommen Bushido würde uns nächstes Jahr also mit so einem Lied wie „Stress ohne Grund“ beim ESC vertreten: 

"Jeden Tag im Fadenkreuz, ich zeig dir wie der Hase läuft. 
Arabisch-Deutsche Sippe und ich jage euch ihr Partyboys. […] 
Ich will dass Serkan Törun jetzt ins Gras beisst, Yeah Yeah, 
was für Vollmacht, du Schwuchtel wirst gefoltert. 
Ich schieß auf Claudia Roth und sie kriegt Löcher wie ein Golfplatz…“ 

Was würden Präsidenten wie Erdogan, Putin und Aliyev wohl denken? Vielleicht würden sie aufatmen, weil es ausnahmsweise mal nicht sie sondern die Deutschen selber trifft. Und ja: 

Germany 0 Points. 


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Mittwoch, 3. Juli 2013

Pussy Punk und Prostituierter Protest

Unter ESC-Fans macht auf Facebook gerade folgendes Video aus Russland die Runde.



Es wird berichtet, dass das ZDF für seine Kultursendung „aspekte“ deutsche Prominente für Putin-feindliche Statements gekauft hat, und zwar sehen wir Hertha Müller, Alice Schwarzer, Nina Hagen und Julia Jentsch. Etwas differenzierter äußerte sich Anna Thalbach, sie hat dann schließlich die Bestechung in der Sendung „Roche & Böhmermann“ eingestanden. Oder nicht? 




Ich wunderte mich schon, wie in deutschen Medien dieser Bestechungsvorfall verschwiegen wird, wo doch vom Anlass dieser Bestechung so ein Bohaai gemacht wurde. Aber jetzt meldete sich auch das Team von "aspekte" zu Wort, bestreitet diesen Vorfall und nennt die Äußerung von Anna Thalbach einen Witz.


Aufhänger für diese in aspekte zur Schau gestellte Putinfeindlichkeit war die Aktion der Frauen-Punkband Pussy Riot in der Moskauer Erlöserkathedrale, im Zusammenhang damit wurden zwei der Bandmitglieder zu 2 Jahren Straflager verurteilt. 

Ob gekauft oder nicht, als Musikfan empfinde ich schon die Solidaritätsbekundungen deutscher Politiker und Kultur-Bourgoisie mit einer Küchen-Punk-Band als einen Witz. Unschwer zu erkennen ist zudem, dass in dem Video zum besagten Skandalauftritt in der Kirche das Putin-feindliche Lied erst im Nachhinein hinzugefügt wurde. Playback-Punk einer Band, von der die Welt bis heute kein einziges Lied kennt. 

Ein „Von der Szene für die Szene“ konnte ich in "aspekte" bestenfalls bei Nina Hagen mit ihrem schrillen Aussehen und wirrren Gequatsche erahnen. Keine Rotz- und Kotzaktion. Keine Verurteilung des Establishments und des Klassensystems. Und so solidarisch, die Wiedereinführung der Chaos-Tage in Hannover einzufordern, war bislang auch niemand. 

Stattdessen holen das ZDF, Schwarzer und Müller die verbale Keule heraus und die Schauspielerinnen inszenieren erschütternde Betroffenheit. Dem Publikum werden die überzogenen Statements wie von Juroren in einer Castingshow dargeboten, als würde Putin wie ein Fels in der Brandung mit kreischenden Pussys um deutsche Anerkennung wetteifern. Ein schlechter Witz, wie dieses künstliche Aufbauschen von Sensationen, Autoritäten und ihren Opfern schon wieder mit deutscher Leutseligkeit korrespondiert! 

Wäre das Play-Back-Video der Punkband nicht (wahrscheinlich von Männern) ins Netz gestellt worden, wäre uns, dem ZDF und allen beteiligten Frauen Einiges erspart geblieben.

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Mittwoch, 26. Juni 2013

Eine Lanze brechen für Ralph Siegel

Seit dem 19.06.2013 steht fest, dass der Komponist Ralph Siegel mit der Interpretin Valentina Monetta zum 3. Mal in Folge für San Marino am Eurovision Song Contest teilnehmen wird. Das verwundert einige, denn Valentina und Ralph Siegel waren bei den ersten beiden Malen nicht sonderlich erfolgreich. Leider, möchte ich hinzufügen, denn Crisalide hat mir gut gefallen.

Vielleicht erzeugt gerade dieser Misserfolg negative psychische Bindung, denn in einigen Ländern vergreifen sich seit Jahrzehnten immer die gleichen Komponisten und Interpreten an diesem Wettbewerb. Solange sie dabei wie Spielsüchtige wirken, die ihr Glück immer wieder aufs Neue herausfordern wollen, können die Veranstalter noch zufrieden sein, denn es unterstreicht den Spiel- und Wettbewerbscharakter. Aber hat der Contest diesen Charakter noch? Kann man Siegels Penetranz nicht genauso gut als Spielverderberei verstehen? 

Seit 1974 hat er bereits 22 mal als Komponist bzw. Produzent teilgenommen, hinzu zählen kann man zahlreiche gescheiterte Versuche aus den Vorentscheidungen. Zwischendurch versuchte er es sogar unter Pseudonymen, mittlerweile startet er nur noch für andere Länder. Dass Heroengeschichten beim ESC anders geschrieben werden, dürfte Ralph Siegel wissen. Immerhin ist er bis heute der einzige deutsche Komponist, der es auf den 1. Platz geschafft hat. Zudem erreichte er 3 mal den zweiten, 2 mal den dritten und 2 mal den vierten Platz. 

Seit 1998 wird Siegel allerdings in Deutschland weggemobbt. Anstifter dafür waren Guildo Horn und Stefan Raab, die sich fast nur durch Abgrenzung von Siegel profilierten. So nannte Raab sich damals Alf Igel und Guildo machte den Hanswurst. Nach einem aktuellen Beispiel für diese Mobberei muss man nicht lange suchen, man findet unter RalphSiegels Wiki-Eintrag einen eigentlich an dieser Stelle völlig überflüssigen Vergleich mit Raab: "Stefan Raab hat für Deutschland auf der internationalen Fernsehmusikbühne mehr geleistet als Ralph Siegel mit seinen geschätzt 102 Retortenliedern, die stets so klangen, als habe er das Melodienblatt bei Dieter Bohlen aus dem Papierkorb gefischt." 

Falsch. Zum einen ist der Wettbewerb dermaßen formalisiert und reguliert, dass Originalität eher bestraft als belohnt wird. Dennoch hat Siegel es oft geschafft, damit umzugehen. Bis heute unvergessen sind ESC-Lieder wie Dschinghis Khan, Theater, Johnny Blue und vor allem Ein bisschen Frieden. Und genau das neidet man ihm. Raab und andere Deutsche haben nämlich beim ESC nicht annähernd Siegels Leistungen erreicht. 

Raab hat weder als Musiker noch als Komponist oder Produzent musikalisch oder inhaltlich etwas geboten. An Lenas Sieg hat er sich nur drangehängt. Und was er ein Jahr später als Produzent bei der Vorentscheidung zur Titelverteidigung 2011 bot, sah sehr nach Verzeiflungstat aus: Er ließ sich die Promo von den Gebührenzahlern finanzieren und Lena musste sich ca. 30 mal in 3 Shows ihre Lieder selber vorsingen. Vergeblich. Das hätte sich mal ein Ralph Siegel erlauben sollen! Oder besser: Warum hat man es ihm eigentlich nicht erlaubt?

Während Siegel immerhin treu bei seinem Handwerb bleibt, dient Maulheld Raab als grinsende Attrappe solchen Medien, die am liebsten den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk und somit die Meinungsfreiheit abschaffen würden. Nur für sie ist er mit jedem Dreck der unübertroffene Held, wenn er mit ihnen auf scheinbar harmlosen Nebenschauplätzen von "Wetten, dass?" bis zum ESC symbolische Erfolge feiert.

Musik- und ESC-Fans werden Altmeister Siegel auf jeden Fall einem Raab vorziehen. Siegels Crew aus San Marino gibt vor sich gut zu verstehen, sie haben wieder eine Aufgabe, die sie ja mittlerweile routiniert angehen können. Mal ehrlich: Wäre nach so einem unermüdlichen Einsatz mit immer der gleichen Strategie ein Sieg noch ein Zugewinn an Erfolg? Ich denke, nicht wirklich. Und ob die Umsatzzahlen noch ein zuverlässiger Indikator für Erfolg sind, sei auch dahin gestellt. Und wie dann das Ganze 2014 ausgeht, ist doch seit diesem Jahr ohnehin egal. Die WAHREN Abstimmungsergebnisse werden doch von den deutschen Gralshütern der Unbestechlichkeit und Unparteilichkeit vor uns geheim gehalten.


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Freitag, 24. Mai 2013

The European Audience Finally Has a Lobby

"It does not matter who votes, but who counts.” This quote from Joseph Stalin was ironically my hook, when I described the questionable voting arrangements in the Eurovision Song Contest in my blogtext "The audience has no lobby". It seems that this quote came true at the ESC 2013, and just two former Soviet republics of Azerbaijan and Russia represent the position of audience and musicians and demand controls and transparency.

For this purpose Polad Bulbuloglu, Azerbaijani diplomat in Russia: "I want to stress that every call is money. Why should one call cost nearly 1.5 dollars? Azerbaijan gave Dina more than 2,000 votes. Where is this money and these voices? Let the European Broadcasting Union respond!" And furthermore: "Here they announce: 8, 10 points. And what do they consist of? It is said that there are some professional jury. Why do you have to hide who the jury in Belarus and in Russia are? Who are they hiding, the KGB, or what? Let them say how many people have voted. Let them explain to people what constitutes scores that are broadcast.”

Let the atmosphere of the video from the BBC work: Two senior politicians, namely the Minister of Foreign Affairs Sergei Lavrov of Russia and Elmar Məmmədyarov of Azerbaijan complain a disagreement at a pop-music competition. Even if inconsistencies will be clarified, this would not change the final result. This leads to the conclusion that it's not about the result, but at least about a matter of principle, if not about more.

An alarming explosiveness gets this issue, if you compare the reporting of BBC with German newspapers. No facts, no information. Instead they enjoy on low level their own journalistic mockery and a supposed superiority. Whether they cannot imagine,  what it could be all about?

The dates of  whole Europe during the voting (jury and televoter) at ESC run all in one private company, to be precise in "digame mobile GmbH" in Cologne. Supervised by experts of PWC the votes are collected and distributed again, and then presented on TV. These data, which were supposedly transferred unfiltered to the TV audience, should easily made public no later than one day after the final. If not, there is something to hide. And what, everyone can imagine.

"It's nice when you have the choice"
With this statement German Anke Engelke tried to discredit Azerbaijani during the voting procedure 2012. As to the ESC it has proved that we have no choice. The voting rules are simple mockery and they are communicated as mockery. At first telephone voting is stripping audience and after that a “jury” destroys the result before the eyes of audience and fans. The secrecy is just the tip of hypocrisy and provocation. And what finally happens to the giant amounts of data collected from Europe, no one has ever questioned...

It would be a debacle when the basis of all concerted actions of raving successes, fantastic victory statistics and headlines about Turks and Eastern Bloc Mafia turn out as a large-scale fraud. But I believe that this will not happen. The datas will not be released with the result of a break down in solidarity between European countries and more withdrawals of countries from Eurovision Song Contest.

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Dienstag, 21. Mai 2013

Es ist so schön, wenn man die Wahl hat...

http://www.660news.com/2013/05/21/russian-foreign-minister-angry-at-alleged-vote-theft-at-eurovision-song-contest/

"Siim said the EBU contracted the German company digame mobile GmbH to register the votes. He said Digame has partnerships with several telecommunication operators in all countries, but that those companies are only responsible for the technical part of registering the calls. All the votes then get checked and verified by an auditing firm.

The EBU said it has no plans to start any investigation since it has no indications that anything went wrong. It promised to reveal how the public and the jury voted in a couple of weeks, but Siim said the EBU will only provide an overall European figure. Local broadcasters may choose to reveal the vote split for their countries, he said."

Sonntag, 19. Mai 2013

Eurovision Song Contest 2013 - Pleiten, Pech und Pannen

Das weltweit größte Musikspektakel, der Eurovision Song Contest, war dieses Jahr ernüchternd zweitklassig, und das ausgerechnet im ESC-Land Schweden. Nett fand ich die eingespielten Filmchen, professionell und witzig die ironische Moderatorin Petra Mede. Aber schon der Beginn mit der Abba-Hymne wirkte wie der Introitus zur Heiligen Messe, der darauf folgende Fahnen-Aufmarsch der Nationen fiel wie eine Schulaufführung in einer Aula dahinter zurück. 

Bei ziemlich viel Widerspruch zwischen monumentalem Anspruch und kleinbürgerlicher Umsetzung hat sich mir der Sinn des schwedischen „Sparkurses“ nicht erschlossen. Die geschrumpfte Halle, die kleine Bühne, vor allem der Pausenact im Finale, machten aus den Popstars Varietékünstler. Die eng zusammen gepferchten, stehenden Fans taten mir während der vielen Balladen leid. Die kleinen Pannen bei der Übertragung (Niederländer waren zwischendurch abgeschnitten, Bulgarien kam nicht durch) wurden von der Moderatorin charmant aufgefangen. Dass aber der Sieger schon gefeiert wurde, bevor alle ihre Punkte durchgegeben hatten, war zum Kopfschütteln. 

Bringen wir's endlich hinter uns 
Das Gefühl von Euphorie kam zu keiner Zeit auf. Und Überraschungen hält dieses abgekaterte Spiel schon längst nicht mehr bereit. Wettbewerb und Fairness scheinen Begriffe, die in der Satzung zur Eurovision nicht vorkommen: Schon um den 08. Mai kam von Malmö-Reisenden das „Gerücht“, dass die Dänen bereits mit der Planung und Vorbereitung des ESC 2014 beschäftigt seien. Anstatt hier mal nachzuhaken oder gegen zu wirken, wurde diese Info hämisch gedeckelt. Betrügen tun doch immer nur die Osteuropäer... und die wurden in den Semifinalen zum größten Teil rausgekickt. 

Trotz guter Interpreten war die Menge an schlechten Liedern selten so groß. Man hatte Mühe, die Songs durchzustehen. Besonders die total stylish oder politisch korrekten Beiträge wirkten wie Anbiederei an den schlechten Geschmack des westeuropäischen Spießbürgers. Nur die Griechen fielen noch aus dem Rahmen. Und wegen mir hätte der schrille Countertenor Cezar aus Rumänien gewinnen müssen. Mit seinem banalen Text, der theatralischen Frivolität seiner Performance und dem Hang zum Überzogenen sprengte er alle Geschmackstabus und stellte selbst den Kitsch auf die Probe.

Nicht Cascada, sondern Deutschland hat schlecht abgeschnitten
Und mit Deutschland alle die Länder, die sich seit Jahren als sog. Big-4 einen Finalplatz „kaufen“: Spanien (Platz 25), Großbritannien (Platz 19) und Frankreich (Platz 23). Ausnahme ist Italien (Platz 7), aber die sind erst seit 2011 wieder dabei. und werden wahrscheinlich von der Jury begünstigt, weil sie bleiben sollen. In der internationalen Fan-Kommunikation ist sehr wohl festzustellen, dass auf Grund dieser korrupten Regelung die Big-5-Länder als Wettbewerbsteilnehmer nicht Ernst genommen werden. Im Gegenteil: Schneidet eines dieser Länder gut ab, ist eher Zweifel geboten.

Der Versprecher der Jury-Präsidentin Lena Meyer-Landrut sah nach inkompetentem Herumfeilschen mit Punkten aus.

Die Politik ist schuld
International nicht unbemerkt und fast zum Erbrechen, wie die deutschen ESC-Experten (Medien, Organisatoren und Fans) unter Vortäuschung spießbürgerlicher Anständigkeit mit ihren Forderungen nach Menschenrechten, Schwulenbefreiung und Demokratie „Etikettenschwindel“ betreiben. Im Rahmen der Eurovisions-Bespaßung missbrauchen sie diese Forderungen regelmäßig als verbale Keule, um von sich selber abzulenken und auf Osteuropa und islamisch geprägte Länder einzuhauen. Ob Fanforen, Twitter, Facebook oder auch der NDR: Immer die gleichen Vorurteile und immer noch mal eben nachgetreten... und dann gleichzeitig 12 Punkte Belohnung an die Schnarchnummer aus Ungarn? Das nenne ich mal Koketterie mit dem Neofaschismus. Angemessener wären aus mehreren Gründen 12 Punkte von Deutschland an den Nachbar Niederlande gewesen. 

Das Outfit der dänischen Sieger-Truppe verbuche ich übrigens auch unter Nazi-Chic. Mich wundert es nicht, dass diese Leute schon in SS-Waffen-Uniform gesichtet wurden. Aus Dummheit, na klar.


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