Donnerstag, 9. Oktober 2014

Europa-Parlamentarier entdecken den Eurovision Song Contest – How Low Will They Go?

Am 08.10.2014 hatte Eurovisionssieger Conchita Wurst seinen Auftritt im Europa-Parlament. Zynisch betrachtet begrüße ich diesen Auftritt, denn er stellt eine Aufwertung meines Hobbys ESC dar, für das ich bislang nur belächelt werde. Vor allem von Politikern. Durch ihre Politisierung und offene und einseitige Parteinahme darf ich fordern, dass die Grundlage ihrer Selbstbeweihräucherung – nämlich die Abstimmungsergebnisse beim ESC- endlich transparent gemacht werden. Statt Märchenstunden daher meine Forderung: 

Die durch das deutsche Unternehmen Digame GmbH gesammelten Daten der Telefonabfrage beim Eurovision Song Contest MÜSSEN rückwirkend bis 2004 (Sieg Ukraine) veröffentlicht werden. Das europäische Publikum hat ein Recht auf Transparenz, immerhin zahlt es für seine Telefonanrufe und für die Show. Zudem wird durch die Politisierung und einseitige Parteinahme die „internationale“ Telefon- und Juryabfrage nur noch bedingt eine musikalische Geschmacksabfrage. Vielmehr rückt sie in den Verdacht einer Zensur und Messung politischen Verhaltens. 

Grüne Verwirrspiele 
Der Grüne Sven Giegold kämpft gegen TTIP, wirbt aber auf Twitter für den Conchita-Auftritt und damit genau für dieses amerikanische Geschäfts-Prinzip. Denn egal welches Land, egal welcher Künstler und welches Label: Die Einnahmen aus den Eurovisionsliedern gehen alle auf ein einziges Konto in die USA zu Universal Music. Der europäische Anteil besteht darin, mit Steuern und Rundfunkgebühren den Amerikanern die größte Promo-Show der Welt zu finanzieren – und in der Folge werbewirksame Auftritte vor dem Europa-Parlament. Die Bezeichnung „Eurovision Song Contest“ ist Etikettenschwindel, denn mit Wettbewerb und Europa hat dies immer weniger zu tun. Es wäre Aufgabe der europäischen Politiker, dem Einhalt zu gebieten und sich für europäische Märkte und Musikschaffende einzusetzen. 

How Low Will They Go? 
Bezüglich der Nutznießer, den politisch verdeckt arbeitenden Interessengruppen und deren aufgebauschten Nichtskönnern wirkt das „offene“ politische Interesse der Europa-Parlamentarier irritierend. Unangenehm berührt ist bislang nur Beatrix von Storch von der AfD, wofür sie von unserer Presse pflichtgetreu angegriffen wird. Ich stimme den Zweifeln dieser Politikerin zu, und zwar aus folgenden Gründen: 

1. Die einseitige Parteinahme für einen Schwulen in Frauenkleidern zeugt von einer eng gefassten Vorstellung von Toleranz, dem Rest der Welt werden damit eigene moralische Standards abgesprochen. Sollen Menschen und Länder mit anderen Traditionen, Sitten, Gebräuchen, Geschmäckern, Religionen oder sexuellen Vorlieben provoziert werden? 

2. Die Zurschaustellung eines auf das Outfit fixierten Schlagersängers ist eine Trivialisierung der Arbeit des Europa-Parlamentes, die weder Konservativen und erst recht nicht den Liberalen gefallen dürfte. Kunstfigur Wurst hat nichts Besonderes geleistet, nicht mal bei seinem Auftritt am 08.10.2014. Warum soll dieser Kitsch als Krönung unserer westlichen Zivilisation gefeiert werden? Waren Homosexuelle mit Wowereit und Westerwelle nicht schon erfolgreich in der Normalität angekommen? Einige Schwule befürchten sogar, dass mit Conchita Wurst alte Vorurteile gegenüber Homosexuelle als Lachnummern wieder salonfähig gemacht werden. 

3. Den Sieg beim Eurovision Song Contest als eine besondere Leistung darzustellen ist der Gipfel der Naivität. Es setzt die Annahme voraus, dass Rankings und Abstimmungsergebnisse im Showbusiness Wahrheit und Gerechtigkeit wiederspiegeln. Ist die Frage, ob sich „intolerante Gegner“ davon beeindruckt fühlen. Meiner Beobachtung nach nehmen sie vielmehr beruhigt zur Kenntnis, wie sich unsere Gesellschaft mit politischen Dilettanten moralisch und intellektuell verrennt. 

Kollegen aus Aserbaidschan und Russland waren schneller 
Sie haben 2013 festgestellt, dass bei der kultigen Punktevergabe nicht vorgelesen wird, wie tatsächlich gewählt wurde. Außenminister(!) beider Länder haben daraufhin die Veröffentlichung der Daten gefordert, dies wurde hilflos ins Lächerliche gezogen und von der Nato-treuen EBU unbegründet zurückgewiesen.


Seitdem ist bewiesen, dass Rankings manipuliert und die Beliebtheit der Sieger vorgetäuscht werden. Solange dies im Rahmen der Unterhaltung geschieht, ist es relativ uninteressant. Dass aber Politiker sich zwecks Selbstbeweihräucherung ohne vorangegangener Überprüfung auf solche primitiven Shows und Stars beziehen, ist mega-peinlich.

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