Dienstag, 18. Oktober 2011

Aserbaidschan: Geh'n Se mit der Konjunktur!

„... geh’n Se mit! geh’n Se mit!, geh’n Se mit auf diese Tour..."

So sang Hazy Osterwald für und über uns Deutsche im Jahr 1961. Ich werde fast wehmütig, wenn ich von den ganzen Plänen und Versprechen Aserbaidschans für den Eurovision Song Contest 2012 in Baku lese. Das alles erinnert mich an die Zeit des deutschen Wirtschaftswunders, von dessen Auswirkungen ich noch etwas mitbekommen habe. Zum Glück, denn im Vergleich zu heute haben wir damals das Paradies auf Erden kennen gelernt.


Genau wie Deutschland, musste Aserbaidschan vor 20 Jahren fast aus dem Nichts ein neues System aufbauen (ohne Hilfe aus den USA). Zum derzeitigen Stand der Dinge hat der Präsident Illham Aliyev auf Al Jazeera (Video) ein aufschlussreiches Interview gegeben, in dem es zum Schluss auch um den politischen Aspekt des Eurovision Song Contestes geht.

So dürfte sich also die aserbaidschanische Bevölkerung derzeit durch den kontinuierlichen Aufbau das Landes ähnlich von guten Taten überrumpelt fühlen, wie wir vor 50 Jahren. Dies zeigt auch ein Beitrag aus dem Deutschlandradio vom 10.08.2011, in dem es um das exclusive Gabala-Music-Festival in Aserbaidschan geht:


Deutschlandradio Teil 1

Deutschlandradio Teil 2

Es lohnt auf jeden Fall, sich diese informative, kritische und zugleich unterhaltsame Reisebeschreibung aus Aserbaidschan von der Journalistin Olga Hochweis anzuhören, denn sie weicht angenehm von der bislang üblichen deutschen Berichterstattung ab, die sich in ihrer Sorge um Aserbaidschans mangelhafter Demokratie zuweilen überschlägt. Ausgerechnet.

Aber zurück zu Aserbaidschan:
50 Jahre später hört sich nun der Wirtschaftswundersong aus Aserbaidschan in etwa so an:





Erstmalig in der Geschichte des ESC wird eigens für dieses Event eine neue Halle, die Baku Crystal Hall, gebaut, u. a. auch von der Alpine Bau Deutschland GmbH, wie news.az berichtet: The stadium being built by AlPINE will accommodate over 23,000 people [...] Moreover, one of the components of the project is to build 1,500-seat media center near the complex with all necessary equipment. [...] The complex will meet international standards and have sufficient number of entrances and exits to ensure smooth reception of visitors. In accordance with the standards, all visitors of the stadium can be evacuated in eight minutes in event of any emergency. [...] The stadium will also have VIP-boxes."

Viel Zeit bleibt für den Bau der großen Halle nicht, aber "Minister Azad Rahimov believes building for Eurovision to be constructed on time."

Der Befürchtung, dass die Halle nicht rechtzeitig fertig werden könnte, entgegnet man mit Plan B denn zusätzlich wird der Sportkomplex "At Tofig Bahramov Stadium" bereits überdacht, er bekommt neue Sitze und eine neue Heizung.

Aber auch außerhalb der Halle möchte man den Besuchern den Aufenthalt so angenehm wie möglich machen. News.az: "The National park will be prolonged till National Flag square and its length will be reached from 4 km to 6 km. Majidov added that during the competition the National Park Office will operate in an intensified work regime. A large monitor has been set in boulevard. Information about Azerbaijan’s history and culture will be posted on it. Moreover, the ships considered for sea trips will be upgraded too. Agreement has already been signed and 3-4 new ships will be purchased."

Die Touristen sollen sich rundum wohlfühlen

Weiter heisst es, "One more car park will be commissioned in Baku till Eurovision song contest." Und auch der Flughafen "Heydar Aliyev International Airport" wird einer Sanierung unterzogen. Es wird wohl auch noch ein neuer Flughafen gebaut, aber wohl eher für die Olympischen Spiele 2020 in - vielleicht - Baku?

Bei so vielen geweckten Erwartungen blicke ich noch einmal zurück auf Aserbaidschans ESC-Historie und komme zu dem Schluss, dass meine persönliche Siegerin für Aserbaidschan und für 2010 Safura bleibt. Der kleine Versprecher von Al Jazeera-Reporter Sir David Frost, dass Aserbaidschan letztes Jahr den Song Contest gewonnen habe, gefiel mir. Aber nur mit der Drip-Drop-Version von Zeljko Joksimovic. Vielleicht war es ein Fehler, dass die Aserbaidschaner sich nicht für diese Version entschieden haben.







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Samstag, 8. Oktober 2011

Herzlichen Glückwunsch Afghanistan

... oder Absurdistan? Egal. Wo ein Sieger gefeiert wird, muss vorher ein Wettbewerb stattgefunden haben. Und gewonnen hat 2011 beim Asia Vision Song Contest bzw. Asia Pacific bzw. Our Sound... laut youtube

Valy für Afghanistan!




"
The song was nice but the acting was gay".

Valy war schon mein
Traumfavorit für den Iran.

Nun gut, dann also Afghanistan. Man erinnert sich?


Afghanistan!





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Samstag, 1. Oktober 2011

Bekommt der Eurovision Song Contest Konkurrenz?

1955 beschloss die Europäische Rundfunkunion (EBU) ein gemeinsames Projekt: den Grand Prix d'Eurovison de la Chanson, seit 1992 bekannt als Eurovision Song Contest. Die EBU als ein Zusammenschluss der staatlichen und öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten in Europa hatte bislang auf dieses einzigartige Festival eine Art Monopol. Aber damit könnte es bald vorbei sein. John de Mol denkt über ein "Voice of Europe" nach, wahrscheinlich dann mit Privatsendern als Projektmitglieder.





(O-Ton) John de Mol von 01'00 bis 02'00:
"Voice of World könnte nervig sein, denn wenn man das mit den USA und Europa machen will, hat man da die Zeitverschwiebung, aber ein Voice of Europe, das ist etwas, an das wir uns schon vorsichtig herangetastet haben. Nun ja, wir haben tatsächlich schon einen Anfang gemacht mit allen Ländern, in denen wir das Format an Sender verkauft haben, es gibt auch schon ein positives Feedback dieser Länder, dass sie mitmachen wollen, wenn es denn richtig los gehen sollte."

Angefangen hat es 2010 mit The Voice of Holland, ein Castingformat aus dem Hause John de Mol, dieses Jahr startete in den Niederlanden bereits die 2. Saison. Aber nicht nur in den Niederlanden. De Mol konnte dieses Format bislang erfolgreich an Sender in Australien, Belgien, Bulgarien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Indien, Israel, Mexiko, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Türkei, Ukraine, USA und - last not least Deutschland verkaufen.


Die deutsche Version startet als The Voice of Germany im Herbst auf Pro7 und Sat1 mit u. a. Nena und Xavier Naidoo als Juroren. Die Sendung zeichnet sich dadurch aus, dass die Sänger von den Juroren ausschließlich nach ihrem Gesang beurteilt werden, indem die Jury so platziert wird, dass sie die Interpreten nicht sehen kann.


Das Aus für Anmut und Natürlichkeit - was zählt ist Singen

Beim Eurovision Song Contest waren Modalitäten und Kriterien, nach denen die jeweiligen Vertreter ermittelt wurden, den Ländern selber überlassen: Ob Nominierung, Casting-Show oder Vorentscheidung mit bekannten Musikern... oder Unmusikern. Wichtiger waren angeblich Text und Komposition, mit denen die Länder an den Start gingen. Bei de Mols Konzept dürfte zum ersten Mal der Ablauf der Vorauswahl schon klar vorbestimmt sein: Die Vorauswahl wird von den "blinden" Juroren getroffen,
in mehreren Stufen können im Finale schließlich die Zuschauer den Sieger ermitteln. (Genaueres siehe Link zu The Voice of Holland).

Auf jeden Fall scheint mir das von John de Mol ein kluger Schachzug zu sein. Denn mit diesem Hintergrundwissen wird man sich als ESC-Fan Voice of Germany etwas genauer anschauen, vielleicht wegen des Neuigkeitscharakters sogar genauer als die Vorentscheidung für den ESC. Immerhin beweist der erste niederländische Sieger für mich schon rein optisch eine kleine Beurteilungsverschiebung:





Ein weiterer kluger Schachzug ist natürlich de Mols zusätzlicher Einsatz bei dem "Nationaal Songfestival" zum ESC 2012. So kann er sich vielleicht mit einem tollen niederländischen Song schon mal beim europäischen Publikum bekannt machen für Voice of Europe.


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