Sonntag, 21. Februar 2016

In Scripted-Reality-Sendung #Eurovision wurde Drehbuch verändert und alle nennen es radikale Revolution

Vom Glaubwürdigkeitsproblem der „Lügenpresse“ bleiben Showbusiness und Regenbogenpresse bislang verschont. Jeder, der was auf sich hält, unterwirft sich ihrem Spaß, so auch bei der Punktereform beim ESC. Das große Versprechen, die Spannung zu steigern, wird als Serviceleistung verstanden, der Schmu, mit dem die Rechenkünstler in Schweden Spannung erzeugen wollen, wird sogar als ein Publikumserfolg gefeiert. Der eigentliche Trick ihres Scriptes besteht darin, aus naiven und uninformierten Konsumenten Komplizen zu machen. 

Was ändert sich wirklich? 
Nach der neuesten „Punktereform“ werden die Ergebnisse von Publikum und Juroren nicht mehr verrechnet vorgelesen, sondern gesondert vorgeführt. Jetzt ist die Höchstwertung nicht mehr Douze Points, sondern 24 Punkte. Sonderbarerweise wird aber der Bewertung der Juroren viel Showzeit eingeräumt, während die Meinung der Telefonvoter fast unsichtbar gemacht wird. Unsichtbar, indem die Ergebnisse aller 43 Länder einfach zu einem Ergebnis addiert und am Ende der Voting-Zelebrierung von Moderatoren vorgeselen werden. Dazu die FAZ: „Aus welchem Land die jeweiligen Punkte kommen, bleibt dann noch geheim.“ Aha. 

Genauere Information zur Punktereform auf Fanseiten aus 
Deutschland
Russland

Solange niemand Transparenz und Kontrolle einfordert, müssen wir mutmaßen 
Das Unsichtbarmachen des Publikumsvotings erkläre ich mir zum einen damit, dass in vielen Ländern zu wenig Telefonbesitzer anrufen, sodass die Anruf-Einnahmen den Show-Aufwand nicht decken und dass dementsprechend auch nicht von einem repräsentativen Ergebnis gesprochen werden kann. 

Dass die Überinzinszenierung des Juroren-Votings in den Pressemitteilungen völlig ausgeblendet wird, muss skeptisch machen. 
  • Schon die Begründungen ihres Wiedereinsatzes in 2009 waren zum größten Teil haarsträubend. 
  • Über die Auswahl der Juroren darf das europäische Publikum NICHT mit entscheiden. 
  • Die Anforderung an die Juroren ist unseriös, denn sie sollen ca. 43 in ihrer anglo-amerikanischen Ausrichtung gleichförmige Lieder ohne Bewertungskriterien in ein Ranking bringen und im Zweifelsfall begründen. 
  • Gleichzeitig gibt es jedes Jahr Beiträge, mit deren Promotion politisch provoziert wird, was eine unbefangene Bewertung fast unmöglich macht. 
Der eigentliche Trick des Scriptes besteht darin, aus Juroren Komplizen zu machen
Machen wir uns nichts vor: Bei diesen Abfragen werden nur bedingt Musikgeschmack und Musikkenntnisse ermittelt, sondern in erster Linie Verhalten gemessen. Vor dem Hintergrund feindseliger Aufwiegelungen ist diese „versteckte“ Verhaltensmessung und Auswertung fragwürdig. Denn man kann nicht nur Verhalten messen, sondern in jedem Verhalten x-beliebige Motivationen hinein interpretieren. 

Es kommt nicht darauf an, wer was wählt, sondern wer am Schluss die Stimmen auszählt 
An diesem Stalin-Zitat hat auch die „Revolution des Punktesystems beim ESC 2016“ nichts geändert. Die europäischen Daten von Telefonvoter und Jury laufen weiterhin in einem einzigen Privatunternehmen auf, und zwar digame mobile GmbH in Köln. Unter Beobachtung der PWC (ich gehe mal davon aus, dass PWC weiterhin beteiligt ist) werden sie gesammelt und wieder distribuiert und dann im TV und Internet vorgetragen. Oder eben auch nicht. 2013 forderten Russland und Aserbaidschan die Veröffentlichung der tatsächlichen Ergebnisse, um zu überprüfen, ob sie mit den vorgelesenen Ergebnissen übereinstimmen. Es blieb bei der Forderung. 

Würden in der EBU und ihrer Referenz-Gruppe regulär osteuropäische Repräsentanten vertreten sein, wäre digame GmbH ein russisches Unternehmen und würde Russland ständig an den Abstimmungsmodalitäten herumdoktern, würde aus dem Fantasie-Drehbuch schnell knallharte Realität werden, an dem sich Sinn und Verstand des saturierten und naiven West-Komplizen schärfen könnten. Aber daran wird Russland wahrscheinlich das geringste Interesse haben. 


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