Nach 8 Jahren sendet Griechenland endlich wieder einen Beitrag zum ESC, der ihrer würdig ist und den Traum vieler Eurovisionsfans erfüllt, denn er ist in griechischer Sprache und bedient sich mit vielen Quart-, Quint- und Oktavparallelen Elemente alter sakraler Musiktradition. Gesungen wird das Lied von einer Sängerin aus Thessaloniki, Yianna Terzi. Ihr Lied heisst passenderweise "Oneiro Mou", auf deutsch „Mein Traum“.
Die deutsche Übersetzung ist zwar holprig, aber ich ahnte, worum es in diesem Traum geht. Der am Internationalen Frauentag veröffentlichte Musikclip bestätigte mir schließlich meine Wahrnehmung. Für mich ist es ein Zwiegespräch zwischen der Göttin Gaia und dem Menschen, das den matriarchalen griechischen Schöpfungsmythos in Erinnerung ruft.
Gaia: „Wenn du meinen Meeresgrund erkundest lebst du meinen Traum noch einmal, und wenn du in mein Herz siehst werde ich dich in meine Arme schliessen.“
Mensch: „Wie soll ich es dir sagen, dass ich für dich sterben würde, ich würde mein Leben für dich geben, Anfang und Ende, alles bist du!“
Mein Traum
Der Musikclip beginnt mit der vom Menschen vergessenen Göttin Gaia, die im dunklen Verborgenen (Tartaros) schläft. Auf der Erde verfolgt man einen Mann, der in zerschlissenen Kleidern entgrenzt, unzivilisiert, sprachlos, verwirrt und schutzlos durch eine triste Gegend irrt, die aussieht, wie vor der Schöpfung (Chaos). Nur zwischendurch scheint kurz die Schönheit von Gaias Kinder auf, es sind dies der Himmel (Uranos), das Meer (Pontos) und die Berge (Ourea).
Der Mensch scheint nicht mal zu wissen, vor wem er flüchtet und was er eigentlich sucht, bis er schließlich erschöpft zu Boden fällt, Gaia in der Erde wahrnimmt und nach ihr zu graben beginnt. Gaia reicht dem Menschen die Hand und gibt ihm eine zweite Chance.
Griechenlands Traum geht uns alle an
"Warum willst du mich verändern, warum willst du mir mein Blau nehmen? Wenn du zu meinen Bergen sprichst, wird meine Einsamkeit dich erhören“.
Diese Zeilen kann man natürlich auch politisch deuten. Die immer wieder wie ein Mantra beschworene Freiheit der „Offenen Gesellschaft“ hat sich durch sog. Umwelt-, Finanz- und Flüchtlingskrisen für Griechenland bereits ins Gegenteil gewendet. Mittlerweile wird von Kritikern zu Recht hinterfragt, ob es sich dabei wirklich um „Krisen“ handelt, oder ob dies nicht planmäßig geschieht.
Den Griechen jedenfalls ist ihr „Blau“ genommen worden, gemeint sind die Freiheit, die Erde, die Schönheit der Natur sowie auch der Stolz ihrer Nation (blau als Symbolfarbe der Nationalflagge). Sie sind ein von einer gierigen Finanzelite unterdrücktes Land mit vielen entwurzelten Menschen, die allesamt ihre ökonomische, ökologische und kulturelle Rückbindung zu verlieren drohen.
Genauso wie die Italiener haben sich auch die Griechen dieses Jahr bei ihrem ESC-Beitrag etwas gedacht. Yianna Terzi profitierte von der Disqualifikation aller ihrer Konkurrenten, weil diese „nicht griechisch genug klangen“. Griechenland bedeutet für mich die Wiege unserer Kultur. Was soll ich nach 8 Jahren tumber anglo-amerikanischer Popmusik zu diesem 3-Minuten-Meisterwerk sagen?
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Samstag, 10. März 2018
Griechenlands Traum beim Eurovision Song Contest geht uns alle an
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