Dienstag, 19. April 2016

Fragen an den investigativen Journalismus zum Eurovision Song Contest?

Was das Nachvollziehen der Kommunikationsstrategien betrifft, bin ich als Zielgruppe zahlreicher Kampagnen mittlerweile recht aufmerksam. Die wirtschaftlichen und organisatorischen Strukturen beim ESC hingegen sind ein Buch mit sieben Siegeln. Es wäre interessant, wenn der investigative Journalismus hier etwas Licht ins Dunkel bringen könnte. 

Dieses Jahr liefert Rumänien die Vorlage
Mit rund 10.000.000 Euro bei der EBU verschuldet machen sie dennoch mit. Ähnliche Meldungen kamen in den letzten Jahren schon aus Griechenland (hier erwies sich das US-Label Universal als "Retter in der Not") Bosnien und Portugal. Und wie steht es um Moldawien, Armenien oder Albanien?

Sobald sich Länder aus finanziellen Gründen oder mangels Publikumsinteresse abmelden, reagiert die EBU reflexartig mit finanziellen Geschenken oder einer Umfrage mit dem Ziel „to make Eurovision 'even greater“.

Portugal - mit entsprechenden Protestliedern gescheitert - ist nun aufgrund schlechter Finanzen dieses Jahr nicht dabei. Daraus folgt, dass sie den ESC auch nicht ausstrahlen. Prompt bekommen sie ein Angebot der EBU

Teures Event für kulturelle Verarmung
Warum Australien in einem europäischen Wettbewerb? Warum wird der Wettbewerb immer uneuropäischer? Warum "greater", wenn doch zuvor die Vielfalt an europäischen Traditionen, Stilen und Sprachen zugunsten altmodischer anglo-amerikanischer Stile eliminiert wurden? Satirische, echt europäische Stücke wie "Euro Neuro" von Rambo Amadeus aus Montenegro werden regelmäßig abgestraft.

Das Ergebnis: Wer will sich am Finalabend noch 30 gleichförmige 3-Minuten-Songs nacheinander anhören? Und dass die Compilation mit den ca. 45 Songs kaum noch Käufer findet, ist auch kein Geheimnis mehr. Dieses Jahr hat man zudem die Durchsage der Telefonvoting-Ergebnisse einzelner Länder aus dem Programm genommen. Weil zu wenig anrufen? Oder will man nur die Mogelei vertuschen?

Eurovision goes Las Vegas 
Seit 1998 wurde der ESC mit Playback-Musik, One-Hit-Wondern, Hochstaplern, bunten Performances, zahlreichen Vorrundenshows, Einbindung von Publikum (Telefonvoting) und laienhaften Multiplikatoren (Fans) etc. an die amerikanische Unterhaltungsindustrie angepasst. Seitdem wird auf Biegen und Brechen versucht, die Show "greater" zu machen. Und nur greater...

Folge dem Geld - einige naive Fragen
Wie viel kostet der ESC der EBU jedes Jahr? 
Wie viel kostet das den europäischen Rundfunkhäusern bzw. dem Gebührenzahler? 
Wie ist das ganze wirtschaftlich strukturiert und organisiert? 
Gibt es Gewinne? 
Wenn ja, wer steckt sie ein? 
Fließt etwas davon an die Rundfunkanstalten zurück, die immerhin mit Vorentscheidungen, Star-Promotion etc. die Veranstaltung monatelang beworben haben?
Warum darf beispielsweise der NDR/Deutschland nur dann erfolgreich sein, wenn es dem Privatrundfunk PRO7 nutzt, so wie es 2010 der Fall war?
Gibt es zwischen Musik- und Telekommunikationsindustrie Querverbindungen zur Rüstungsindustrie? 
Gibt es bei diesem Wettbewerbs-Hype mit Regelwerken, Bestrafungssystemen und Eurovisionswächtern überhaupt einen wirtschaftlichen Wettbewerb?


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