Mittwoch, 23. März 2011

Italiens Charmeoffensive - Raphael Gualazzi

Nach dem Ausstieg 1997 nimmt Italien 2011 wieder am Eurovision Song Contest teil. Ihnen war seit jeher das "Festival della canzone italiana" (Sanremo-Festival), welches als Vorläufer des ESC gesehen werden kann, wichtiger. Die Gründe für die Rückbesinnung auf den ESC wurden zwar nicht öffentlich genannt, liegen aber für mich auf der Hand:

Der ESC wird derzeit maßgeblich von den sog. Big-4-Ländern, das sind Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien, finanziert. Da aber letztes Jahr Deutschland als eines dieser Big-4-Länder gewonnen und in diesem Jahr den kostspieligen ESC auszurichten hat, ist es von dieser Mitfinanziering entbunden. Um die Differenz auszugleichen, hat man wohl Italien, das den gleichen Status besitzt, um die Teilnahme gebeten. (Sollten meine Überlegungen nicht richtig sein, lasse ich mich gerne korrigieren.)


Seitdem Italiens Teilnahme feststand, hatten wir Fans eigentlich einen italienischen Beitrag der letztjährigen X-Factor-Siegerin, Nathalie Giannitrapani, erwartet und waren um so verdutzter, als Italien stattdessen Raphael Gualazzi nominierte, und dies mit dem für den ESC eher untypischen Beitrag "Follia d'amore". Böse Zungen lästerten sogar, dass der Sieger wohl schon wieder feststünde und Italiens Teilnahme nur reine Formsache sei.

Ich sehe es etwas anders: Ungewöhnlich für westeuropäische Länder setzen dieses Jahr einige (z. B. Niederlande, Belgien und UK) nicht auf die Magie von 3-Minuten-Liedern, sondern gezielt auf die Professionalität der Musiker, die dem diesjährigen Contest somit eine ganz besondere Note verleihen.







Gottseidank mal keine eingängige 3-Klangs-Harmonik mit Disco-Fox-Rhythmen, keine geglättete Schönheit, kein unnötiges technisches Blendwerk, dafür aber eine Swing-Performance mit für den ESC herausragender Distinktion, Musikaltität und Ironie, vor allem wenn seine "Madness of Love" in der „aria d'urlo“ (Arie mit dem Schrei) mündet ;-)


Von seiner Homepage erfährt man, dass er am Staatlichen Konservatorium "Gioachino Rossini" ausgebildet wurde, wo er sich zunächst auf klassische Kompositionen konzentrierte und später Jazz, Blues und Fusion in sein Piano-Spiel mit einbezog.

Auf
Raphael Gualazzis Homepage heisst es weiter: "His music was born of the fusion between the Rag-time technique of the early 1900s and the lyricism of Blues, Soul and Jazz in its more traditional form. The typical pre-jazz and stride-piano sounds of Scott Joplin, Jelly Roll Morton, Fats Waller, Art Tatum and Mary Lou Williams, and the Blues of Ray Charles and Roosevelt Sykes, are brought up to date by Raphael Gualazzi with an extremely personal style in which tradition co-exists with the most innovative influences of such eclectic artists as Jamiroquai and Ben Harper."

Es ist durchaus lohnenswert, sich auf seiner Homepage die Live-Auftritte von ihm anzuschauen. Im folgenden Video stellt er sich, seine Musik und seine musikalische Entwicklung noch einmal vor (mit englischen Untertiteln).



Raphael Gualazzi nahm dieses Jahr am Sanremo-Festival teil und gewann mit dem von ihm selber geschriebenen und arrangierten Stück "Madness of Love" in der Kategorie Newcomer, daraufhin nominierte ihn RAI für den Eurovision Song Contest. Das Lied "Madness Of Love" findet sich übrigens auch im Soundtrack zum Film "Manual Of Love 3", von Giovanni Vchosen, in dem u. a. Robert De Niro and Monica Bellucci mitwirken.


Da Italien - wie bereits erwähnt - zu den Big-5-Ländern zählt, bekommt es Wettbewerbsvorteile und muss sich nicht erst im Semifinale qualifzieren. Raphael Gualazzi wird sein Lied im Finale am 14.05.2011 als Startnummer 12 präsentieren.


Mehr über Raphael kann man in einem Interview des Südafrikanischen ESC-Fanclubs
OGAE Rest of the World (ja, so etwas gibt es) erfahren.



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