Konzept, Ablauf, Protagonisten, Ergebnis mit Abzocke und
„Überraschungssieger“ wie jedes Jahr. Also erlaube auch ich mir mich zu
wiederholen:
Wozu sich anstrengen? Solange sich der NDR einen Startplatz im Finale
KAUFEN kann? Das wird zwar als Großzügigkeit kommuniziert, im Grunde
bezahlt der Gebühren- und Steuerzahler, dass der NDR die deutsche Misere
der Popszene befestigt und auf Europa überträgt. Was dem Telefonvoter
als Wettbewerb verkauft wurde war auch diesmal im Grunde wieder ein
Universal Music gegen Universal Music gegen Universal Music...
Die Show lieferte ein weiteres Mal den Beweis, dass die Diktatur der
Mayor Label und der Rankings einen krankhaften Konformismus erzeugt und
das Gesamtniveau nach unten drückt. Das Siegerlied ist wieder die
übliche Anbiederei an abgedroschene US-Stile und Ann Sophie sieht aus
wie Lena Meyer-Landrut. Die werden offensichtlich geklont.
Wo es keine Konkurrenz gibt, gibt es auch keine Kontrollen mehr
Da kann man die Teilnehmer beliebig austauschen, egal ob vor oder nach
der Abstimmung. Und das wurde dann auch gemacht. Ob sich ein Andreas
Kümmert mit einem anderen Label wohl so einfach die Butter hätte vom
Brot nehmen lassen dürfen? Hätte er beispielsweise ein Lied von Ralph
Siegel gesungen, hätte jedenfalls ein Profi zu Recht darauf hingewiesen,
dass der ESC ein Songwettbewerb und kein Interpretenwettbewerb ist, auf
den Sieg seines Liedes bestanden, Kümmert gut zugeredet oder ggf. einen
anderen Interpreten gesucht. Ralph Siegel ist bislang auch der einzige, der die Telefonabzocke bei dieser ARD-Show kritisiert.
Da es gar keinen Wettbewerb gab, konnte die unbefugte Moderatorin
Schöneberger kurzerhand veranlassen, die Teilnehmer auszutauschen. Ich
teile die Zweifel der Schweizer Nachrichten:
„Im ganzen Tohuwabohu übergab [Barbara Schöneberger] ihm ein wenig zu
schnell das Mikrofon, um seinen Verzicht zu verkünden. […] War das ganze
etwa inszeniert und vorher gar abgesprochen? […] Spontan und ohne lange
zu zögern wurde der Entscheid gefällt, dass die eigentlich
Zweitplatzierte im Mai nach Wien fahren wird.“
Deutsche Leidkultur
Andreas Kümmert hat mit angeblich 78,7 % der Stimmen gewonnen und dann
seinen Sieg seiner Konkurrentin überlassen, für die nur 21,3 % angerufen
haben. Anstatt dies angemessen zu begründen spricht er von psychischer
Überforderung und Unwürdigkeit und beschämt sich und das Publikum, das
für ihn gevotet hat.
Und dabei sieht ausgerechnet er mal nicht aus wie ein Klon. Aus der
Tatsache, dass sich die ahnungslosen Musiker mit auffallend schwachen
Liedern in dieses Business begeben, schließe ich, dass sie schlecht
beraten, wenn nicht sogar unterschwellig gezwungen werden. Vielleicht
war Kümmerts Erfolg zwar einkalkuliert, sollte aber nicht konsequent
umgesetzt werden.
Machen wir uns nichts vor: Er hat sich wie viele andere in Deutschland eben nicht in
die richtige Wiege gelegt, kann nicht auf anglo-amerikanische Herkunft
oder Verwandte im Kanzleramt verweisen, und darf deswegen nicht die
geringste Unterstützung erwarten. Siggi Schullers (Universal) Rat an
Kümmert in der Berliner Zeitung bringt die Rangordnung auf den Punkt: „Geh zwei Wochen in den Wald und schreib neue Songs.“
Die deutschen Eurovisionssieger sind schon seit Jahren nur noch ein Fall für den Verbraucherschutz
Aber auch der Verbraucherschutz scheint in den Gremien des
Öffentlich-Rechtlichen keine Stimme mehr zu haben. Dass das Publikum um
seine Telefongebühren geprellt wurde, ist egal, Hauptsache die Konzerne
haben sich wieder untereinander bedient. Auch von den Medien ist keine
Unterstützung zu erwarten. Berechtigte Kritik wird in der Berliner
Zeitung wie folgt verzerrt: „Noch gibt es niemanden, der [den
Betrogenen] widersprechen mag, offenbar ist ein solch spektakulärer
Ausgang beim Wettbewerb – weder national noch international – überhaupt
vorgesehen. Auch aus der inzwischen 60-jährigen Festivalgeschichte ist
kein vergleichbarer Vorfall bekannt geworden, also nichts, woran man
sich orientieren könnte.“
Nichts, woran man sich orientieren könnte…? Wirklich nicht? Wie wäre
es mit Fairness, Gerechtigkeit, Wettbewerb, Wahlen, Vielfalt,
Transparenz...?
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Sonntag, 8. März 2015
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