Finnland wird uns beim nächsten ESC mehrere Debüts bescheren. Wir werden mit 1 1/2 Minuten das kürzeste Lied hören, dass jemals beim ESC präsentiert wurde. Wir
werden zum ersten mal knallharten Punk hören. Wir werden zum ersten Mal
Interpreten mit Down-Syndrom auf der Bühne erleben. Wer Lordi seinerzeit
als Provokation empfunden hat, dem dürfte es bei der Band PKN und ihrem Song "Aina mun pitää" (I always have to) die Sprache verschlagen
Nachdem ich mich auf diversen ESC-Portalen umgesehen habe kann ich
sagen, dass es jede Menge sprachloser Fans gibt, und ich gehörte dazu.
Wer nicht durch nahestehende Personen oder professionell mit behinderten
Menschen zu tun hat, ist zunächst ratlos, wie dieser ESC-Beitrag
einzuordnen ist. Aber die Tatsache, dass diese Band mich überhaupt zum
Innehalten zwingt, kann nicht verkehrt sein. Und so befragte ich google
nach dieser Band.
In der finnischen Vorentscheidung am 28.02.2015 haben sie sich gegen
viele gute und originelle Musiker und Musikstücke durchgesetzt.
Schließlich ist die Band in Finnland nicht unbekannt. PKN steht für
Pertti Kurikan Nimipäivät (Pertti Kurikkas Namenstag) und der 1956 in
Finnland geborene Pertti Kurikka ist Kopf und Songschreiber der Band und
spielt Gitarre. Als Autor hat er bereits 2011 eine Reihe Gruselgeschichten veröffentlicht. Auch tritt er als eine Art Drakula auf. Seine Kunst ist direkt, sie dreht sich meist um Alltagsfrust und Höhen und Tiefen des Zusammenlebens.
Sänger der Band ist Kari Aalto, am Schlagzeug spielt Toni Välitalo,
den Bass spielt Sami Helle. Da Sami schon in den USA und Frankreich
gelebt hat, übernimmt er schon mal die Rolle des Übersetzers für die
Band bei Interviews. Hier ein Interview der BBC mit Sami Helle.
Auf youtube findet man eine Menge Clips von ihnen, u. a. eine 1 1/2 stündige Dokumentation
aus 2012, diese leider nur in finnischer Sprache. Sie können bereits
eine Karriere mit vielen Live-Auftritten und Touren durch Europa
vorweisen. Sie haben bereits EPs und 2012 ein Album mit dem Titel "Kuus kuppia kahvia ja yks kokis" veröffentlicht.
Nach Conchita Wurst werden dieses Jahr PKN die Grenzen der Toleranz herausfordern
Bei einigen haben sie bereits jetzt schon die Toleranzschwelle
überschritten, deren Kritik kommt aber als Besorgnis daher, z. B. dass
hier die Behinderten zum Auslachen vorgeführt werden. Dreiste
Gegenfrage: Werden die anderen das nicht auch?
Ich mag ihren Punksong. Er ist mir mit 1 1/2 Minuten eher etwas zu
kurz. In der Dokumentation hört man, dass sie auch melodischere und
eingängigere Stücke spielen. Dass sie sich beim ESC für die
aggressiveren Töne entschieden haben, ist vielleicht kein Zufall. Der
Kontrast zwischen die auf Perfektion getrimmte und in beinahe
narzistischer Selbstbespiegelung verharrende ESC-Welt zum ehrlichen und
direkten Punk von PKN könnte krasser nicht sein. Das erzeugt automatisch
ein Schmunzeln.
Ich würde es gut finden, wenn beim Finale in Wien Conchita Wurst den Siegerpokal an PKN überreicht.
Der Text ihres Songs:
I always have to clean
I always have to do the dishes
I always have to work
I always have to go to the doctor
I am not allowed to go to the computer
I am not allowed to watch television
I am not allowed to see my friends
I always have to be at home
I always have to do chores
I always have to eat well
I always have to drink well
I can’t eat candy, drink soda,
I can’t even drink alcohol
I always have to rest
I always have to sleep
I always have to wake up
I always have to shower
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