Der gebührenfinanzierte NDR hat am 20.07.09 seine Unfähigkeit in der Ausrichtung eines Musikwettbewerbs eingestanden und preist es als Innovation, Stefan Raab bzw. Pro Sieben um Hilfe gebeten zu haben. Diesen selbstverursachten Image-Schaden muss man erst mal schlucken. Stefan Raab hingegen poltert seitdem laut und derb wie ein Stammtischbruder über alle Bedenken hinweg: "Na also, geht doch!"
Der journalistischen Zunft fällt wie immer im ESC-Diskurs nichts Besseres ein, als dieses Zitat mit der dazugehörigen PR massenhaft wiederzukauen. Jedem Artikel ist aber ein anderes Foto von Raab beigefügt, und fast jedes Mal schneidet er eine Fratze. Das verleiht der ganzen Aktion unterschwellig was Verhöhnendes. Die Erleichterung scheint bei Raab und Pro Sieben also größer zu sein als beim NDR. Das muss genauso wenig wundern, wie das Fehlen einer kritischen Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit.
Wen und was repräsentiert Raab eigentlich?
Den mutigen Einzelkämpfer in der neoliberalen Privatwirtschaft? Mittlerweile dürfte bekannt sein, dass solche Idole reine Fiktion, Wunschfiguren sind, die ohne Milliarden-Subvention und sozialen Einschnitten nicht zu haben sind. Aber als notwendige Illusion unentbehrlich, da sie uns zweifelhafte Entscheidungen und eine triste Wirklichkeit als wünschenswert und alternativlos erscheinen lassen sollen. Und genau dem entspricht das neue Konzept.
Der gepolterte Medienhype ums Konzept geht nämlich sehr in Richtung "Brot und Spiele". Raab in der FAZ: "Die Zuschauer müssen den, der da antreten soll, erst mal kennenlernen. Nach acht Sendungen hat das Publikum einen Finalisten, den es kennt, liebt und unterstützt. Das kann so emotional werden, wie es sonst nur bei der Fußball-Weltmeisterschaft geht, weil im besten Fall das ganze Land hinter einem Künstler steht." [...] "Es kommt wirklich darauf an, die Veranstaltung zu emotionalisieren." Und zur Frage, wie er sich erfolgreiche Musik beim ESC vorstellt: "Eigentlich ist das nur das sekundäre Ziel."
Das primäre Ziel
Die Stuttgarter Zeitung fasst es zusammen: "Wahrscheinlich ist es aber doch das inständige Streben der ARD, im zu erwartenden Niveau wieder einen Siebenmeilenstiefelschritt in Richtung RTL 2 zu machen und im kommenden Frühjahr wochenlang mit den nichtigsten Privatdetails der Kandidaten auf den bunten Seiten der "Bild"-Zeitung präsent zu sein. Schließlich soll es doch "Das Fernsehereignis im Frühjahr 2010" werden, wie Thomas Schreiber, der ARD-Koordinator für Unterhaltung, bereits frohlockte."
Immerhin ist Raab so klug, seinen BVSC von "Brot und Spiele" zu trennen. Damit bleibt den anspruchsvolleren Musikliebhabern und deutschen Nachwuchsmusikern immerhin dieses Vergnügen erhalten.
Sonntag, 2. August 2009
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