Niederlagen beim ESC werden in einzelnen Ländern unterschiedlich bewertet. Landet z. B. in Aserbaidschan ein Musiker nicht unter den ersten Fünf, werden Platzierung und Künstler einfach totgeschwiegen. In den meisten anderen Ländern wird über eine Niederlage kurz und mit Bedauern berichtet, so auch ein Deutschland. In Deutschland kommt allerdings etwas hinzu, was es in anderen Ländern nicht gibt:
Medien nehmen ESC-Niederlagen nicht nur wohlwollend zur Kenntnis, sondern schaffen es sogar, sie als einen Erfolg darzustellen
Zur Erinnerung: Beim Eurovision Song Contest landete Deutschland 2017 das fünfte Mal in Folge auf der rechten Seite der Ranking-Tabelle, das dritte Mal sogar als Schlusslicht. Verglichen mit dem Sport sind die Leistungen ähnlich schlecht wie beim Eiskunstlauf. Während aber der Eiskunstlauf komplett aus der Medienberichterstattung ausgeblendet wird, werden ESC-Pleiten wie ein unverzichtbarer Spaß dargestellt. Die Durchhalteparole heisst:
„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“
So zitiert die BILD den ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber. Auf die Frage, ob Deutschland nach dem dritten ESC-Debakel in Folge aussteigen solle, sagt Schreiber: „Nein.“ Wie ein Automat bringt Thomas Schreiber jedes Jahr die gleiche Lösung, nämlich eine Reform des ESC-Vorentscheid.
Medien fördern Normopathie
Normopathie bedeutet „Anpassung an vermeintlich vorherrschende und normgerechte Verhaltensweisen und Regelwerke innerhalb von sozialen Beziehungen und Lebensräumen, ein treibendes Moment hierbei ist das unter Aufgabe der eigenen Individualität übersteigerte Streben nach Konformität. […] Die unbedingte Überanpassung an sozio-kulturelle Normen wird damit zur Krankheit.“
Beim ESC entpuppen sich Sachzwang-, Quoten- und Kostengelaber langsam als Volkskrankheit.
In Spiegel-Online darf Thomas Schreiber mit Zahlen zu Quotenergebnisse und Produktionskosten aus den alljährlichen Niederlagen einen Erfolg machen. WOW. Nur:
Für wen sollen die hohen Quoten ein Erfolg sein?
Für die erfolglosen Kandidatinnen dürfte sich durch hohe Einschaltquoten die Blamage verschlimmern.
Und warum ist es für den Zuschauer ein Erfolg, wenn eine hohe Anzahl Zuschauer diese Niederlagen regelmäßig mitverfolgt?
Einen Monat später leiert die erfolglose Levina in der NDR-Talkshow schon wieder die soldatischen Floskeln herunter von Ehre, Spaß, Genuss und Erfahrung. Man lobt sie, weil sie zu ihrer Niederlage steht, weil sie traurig über ihr schlechtes Abschneiden war. Und alles scheint sich einig: Niederlagen sind doch was Schönes.
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