Sonntag, 5. Dezember 2010

Ich zahle gerne für gute Musiker - Beispiel Siddharta aus Slovenien

… wenn man mich nur ließe. Bei meinem Erlebnis mit Siddharta handelt es sich nicht – wie der Name vielleicht andeuten mag – um ein religiöses Erlebnis, obwohl buddhistische Geduld und Leidensfähigkeit durchaus nützlich gewesen wären. Es handelt sich schlicht um ein Erlebnis, dass ich als normale Musikkonsumentin und Fan der europäischen Musik mit unserer sonderbar aufgestellten Musikindustrie hatte.

Angeregt durch unseren geselligen Regio-Contest in Berlin stieß ich auf die slowenische Hardrock-Band Siddharta.





Da mir die Musik gut gefällt, versuchte ich über Berlins Kulturkaufhaus Dussmann eine CD zu bestellen. „Das kann lange dauern und etwas teurer werden, ist ein Import, wahrscheinlich US.“ Warum, frage ich mich, muss ich eine CD aus Slowenien teuer aus den USA beziehen?


Also ging ich ins Internet und fand schnell die Homepage der Band. Schließlich sind sie in Slowenien bereits seit 20 Jahren bekannt und beliebt. Die Seite hatte sogar einen Shop, nur konnte man da nur mit slowenischer Währung bezahlen. (Auch so eine Sache!) Das war mir zu riskant. Daraufhin habe ich über myspace Kontakt zur Band aufgenommen und sie gefragt, ob sie mir gegen Rechnung oder Barzahlung per Post zumindest die EP meines Lieblingsliedes schicken könnten. Die Band reagierte sofort, man wollte sich kümmern.


Wochen später kam von Siddharta die Aufforderung, die EP im Voraus zu bezahlen, dafür gab man mir Kontaktdaten. Bei der Bank erfuhr ich, dass mir eine einfache Überweisung nach Slowenien 15,00 Euro Gebühren kosten würde. Wie bitte?! Für eine CD, die 9,00 Euro kostet? Jeder kann sich vorstellen, wie viel Arbeit Musiker investieren – über gemeinsames Üben von der Komposition bis zur Einspielung auf CD – um überhaupt eine CD herauszubringen. Das wird dann insgesamt für 9,00 Euro angeboten. Und die Bank verlangt für das Ausfüllen einer Überweisung 15,00 Euro Gebühren? Am Bankautomat könne ich mir die Gebühren sparen, hieß es. Gesagt, getan, das Ganze hat mir 2 Minuten Zeit gekostet, hoch gerechnet ergibt sich daraus für die Bank also ein Stundenlohn von 450,00 Euro. Für „nichts".


Aber es klappte und keine ganze Woche später fand ich in meinem Briefkasten die lang ersehnte CD von Siddharta. Das hat mich so gefreut, dass ich über Silvester eine Reise nach Ljubiljana buchen werde, um mich noch mal persönlich bei der Band zu bedanken.


Die europäischen Nationalkäfige der Musikindustrie

Wo lebe ich eigentlich? Und: In welcher Zeit lebe ich eigentlich? Lang ist es her, dass der Eurovision Song Contest die einzige Möglichkeit war, überhaupt Musik aus dem übrigen Europa zu hören. Hatte man sich allerdings in ein Stück verliebt, dass z. B. „nur“ den 2. Platz erreicht hatte, hatte man Pech, dieses Lied hörte man nie wieder. Nicht zuletzt aufgrund dieser Musikmisere entstand die OGAE, ein Zusammenschluss von ESC-Fans verschiedener Länder, wo man – teilweise gegen viel Geld – seine Favoriten doch noch erwerben konnte.


In dieser Hinsicht hat das Internet für ESC-Fans paradiesische Verhältnisse geschaffen. Auf Homepages der Stars oder gar youtube findet man alles, was das Herz begehrt. Man kann sogar die Vorentscheidungen einzelner Länder im Internet verfolgen. Nur eines kann man immer noch nicht:


Die Musik aus Europa ganz normal kaufen

Sicherlich hätte ich das Musikstück von Siddharta mit ein paar Mouseklicks schnell und sogar umsonst bekommen können. Aber zeigt mein Erlebnis nicht beispielhaft, dass Musikfans geradezu zu anderen Wegen gezwungen werden? Und da heult die Musikindustrie uns die Ohren voll von illegalen Downloads?


Da wächst Europa angeblich zusammen, aber die Musikindustrie scheint nicht mal ansatzweise daran interessiert zu sein, ihr Angebot dahingehend zu erweitern. Stattdessen erlebt man derzeit in Deutschland genau den gegenläufigen Trend. Man spart an Musik und Musiker und setzt nur noch auf Werbung für billig gepuschten amerikanischen Einheitsbrei und Kunstprodukte, für musikalisches „Nichts“. Geradezu bezeichnend, wie schon das Interesse für Musik und Musiker aus anderen europäischen Ländern im Keim zerstört werden soll, wenn uns beispielsweise der Eurovision Song Contest mit großartigen Schlagzeilen gar als ein Lena-Liederwettbewerb angegaukelt wird.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

..was ich nicht verstehe, ist wie kann man heut noch in slowenischer währung bezahlen...??? seit 2007 gibt es dort nur den Euro...???

lg
Heiko

Eurovision-Berlin hat gesagt…

Ich gehe mal davon aus, dass die Homepage zu der Zeit schon älter war, jetzt haben sie eine neue, sogar in deutscher Sprache!!