Es wird beim Contest immer schwieriger, zwischen künstlerischem Engagement und Verkaufsstrategien oder zwischen Produkt und Verpackung zu unterscheiden. Der NDR? oder Alex C. und Oscar L.? machen die Unterscheidung mit ihrem „Swing, Step, Schwul, Strip“ nicht einfacher. Zur Wettbewerbsverzerrung durch den Big-4-Status kommt dieses Jahr via Jury auch noch eine verstärkte Kontrolle der Bewertung. Alles in allem sehr berechnend.
Ich nehme aus Fanperspektive Bezug auf das Interview mit Thomas Schreiber vom NDR.
Herr Schreiber ist also enttäuscht über die Äußerungen der Fans und Zuschauer in den Blogs? Grundsätzlich wirkt auf mich schon das Gesamtstatement von Herrn Schreiber im Interview wie das einer Werbeagentur, die sich bei Kunden beschwert, wenn ihre Werbung nicht ankommt. Kann es sein, dass sich da ein Denkfehler eingeschlichen hat? Schließlich soll nicht der NDR, sondern das Produkt Musik beim ESC gut ankommen. Aber vielleicht bekomme ich das mit Produkt, Verkaufsstrategie, künstlerischem Engagement… schon wieder alles durcheinander.
Um auf seine Enttäuschung zurückzukommen: Gerade bei oder über uns ESC-Fans kann sich niemand beschweren, denn wir haben niemandem etwas versprochen, eher umgekehrt. Beklagen kann sich Herr Schreiber bestenfalls bei den alt-eingeschworenen Fans von Oscar Loya oder Alex C. Nebenbei bemerkt lebt unsere ESC-Fankultur sehr vom in-put, insofern wären wir über den Zulauf dieser Fans erfreut gewesen. Aber diese Fans gibt es nicht. Und das erklärt das große Desinteresse der Allgemeinheit. Ich frage mich, wer sich bei einer Platzierung unter den Top-Ten überhaupt freuen soll?
Der meiner Meinung nach 2. Denkfehler des diesjährigen Konzeptes: Für gute Musik, gute Show, gute Bewertung und stimmige Einschaltquoten MUSS das das Verhältnis zwischen Zuschauer und Musiker stimmen. Das setzt voraus, dass es zumindest eine Fangemeinde gibt. Genau das hätte man vom sog. Diaspora- oder Nachbarschaftsvoting lernen können: Mit dem wachsenden Zuspruch für bestimmte Länder wurden deren Beiträge und Platzierungen immer besser. Nur, wo sich unnötigerweise die Organisatoren zu sehr einmischen, wird die Musik schlechter mit entsprechenden Folgen. Ein gutes Beispiel hierfür ist Schweden.
Herr Schreiber hat Recht, wenn er sich nicht „von unseren Aufsichtsgremien vorhalten lassen will, dass wir unsere Gebührengelder für Verkaufszwecke anderer einsetzen.“ Fanpflege ist Aufgabe der Musiker. Insofern hat er es sich dieses Jahr aber sehr schwer gemacht. Die Briten hingegen scheinen das begriffen zu haben. Ihr Organisator ist der weltbekannte Musiker Webber, und der hat mit aller Selbstverständlichkeit gewusst, wie er den Publikumszuspruch systematisch aufzubauen hat, und zwar mit Musik. Und Frankreich stellt mich jedenfalls nicht vor die Frage: Was ist hier Produkt und was Verpackung, denn Patricia Kaas wird hoffentlich ohne Stripperin auskommen.
Der NDR hingegen hat sich in einer Art Intoleranz gegenüber des guten Fan-Musiker-Verhältnis’ beim Migrantenvoting dafür eingesetzt, die Bürokratie und Organisation top-down zu verstärken und somit das Fan-Musiker-Verhältnis zu entkräften. Ob dem Musiker das mehr Engagement abverlangt, ob es ihm Fans und bessere Einnahmen bringt, sei dahingestellt.
Aber wir Fans sind bestimmt nicht dümmer als die Jury. Sollte der NDR also noch jubelnde Fans brauchen, sage man uns nur, bis wann, wie viele und was er auszugeben bereit ist.
Freitag, 1. Mai 2009
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