Mittwoch, 19. Mai 2010

Litauens Botschaft beim ESC 2010: EUROPA GEHT UNS ALLE AN!

Fast hätte Litauen dieses Jahr wegen finanzieller Probleme beim Eurovision Song Contest gefehlt. Zum Glück fand sich ein Sponsor, der Litauen doch noch eine respektable Vorentscheidung ermöglichte. Bei diesem Wettbewerb gewann die Band InCulto mit dem herzerfrischenden, vom Ska-Punk inspirierten Song „Eastern European Funk“.

Nach dem Motto „Europa geht uns alle an“ wirft das von der Band selbst verfasste Lied einen kritischen Blick auf Unterschiede und Ungerechtigkeiten innerhalb Europas und zeugt vom Wunsch nach mehr Kooperation zwischen Ost und West:

“You've seen it all before, we ain't got no taste, we're all a bore
You should give us a chance, 'cause we're all victims of circumstance
We've had it pretty tough, but that's okay, we like it rough
We'll settle the score, survived the reds and two world wars
[...]
Yes sir, we are legal, we are, though we're not as legal as you
No sir, we're not equal, no, though we're both from the EU
We build your homes, we wash your dishes, keep your hands all squeaky clean
Some day you'll come to realise Eastern Europe is in your genes

Get up and dance to our Eastern European kinda funk...”






Der in Kolumbien geborene und in den USA aufgewachsene Lead-Sänger Jurgis Didziulis möchte den Song nicht nur als eine Provokation verstanden wissen. In einem Interview betont er, dass gerade die Mischung verschiedener musikalischer Stile auch Ausdruck ihrer litauischen Identitätssuche ist. 20 Jahre nach dem Fall der Mauer fällt eine Abgrenzung von den ehemals sowjetischen Einflüssen genauso schwer wie vom neuen “coolen” Stil des modernen Westens. Ein musikalisches “Sowohl-als-auch” soll die Wertschätzung verschiedener Kulturen zum Ausdruck bringen.

Europa von unten

könnte das Motto ihrer Promo-Tour sein, die bislang die unterhaltsamste, witzigste und sympathischste Tournee war, die ich im Zusammenhang mit dem ESC mitverfolgt habe. Kaum einen Cent in der Tasche wurden via Flugzeug, Bus, Bahn und Auto 13 europäische Länder besucht. Die meiste Zeit performten sie als Straßenmusiker, warben für ihren Contest-Beitrag und verdienten dabei sogar etwas Geld. Witzig die Reaktionen der europäischen Hauptstadtbewohner, die unausweichlichen Pannen, atmosphärisch die stets wechselnden Kulissen der europäischen Hauptstädte. Zwischendurch folgten auch kleine Live-Sessions und Interviews in TV- und Radiostationen. Das alles ist in Form von Videoclips auf der
Homepage von InCulto dokumentiert. Fazit eines rumänischen Passanten: "E o idee originală. Îi votez!" (Es ist eine originelle Idee. Ich vote!)

Stimmiger hätte InCulto das Thema Europa nicht umsetzen können, autenthischer hätten sie ihr Lebensgefühl nicht präsentieren können: “We are a bunch of musicians who want to live their lives to the fullest and are currently experiencing ..post post modernity.. and avoiding the prospects of a 9 to 5 job. We are taking the risk of trying to make a living off what we love doing. The diversity of the musicians' tastes and orientations is reflected in our recordings and on stage.” So die Selbstbeschreibung auf
Incultos Myspace-Seite.

Für die Eurovisionsgemeinde sind sie keine Neueinsteiger. Der Leadsänger Jurgis Didziulis ist verheiratet mit Erica Jennings, die bereits 2001 mit der Band Skamp Litauen beim ESC vertrat. InCulto nahmen schon mal 2006 an der litauischen Vorentscheidung teil und belegten damals den 2. Platz. Die Band besteht seit 2003, seit ihrem Debütalbum “PostSovPop” haben sie schon einige Preise erhalten. Ihr 2. Album “Hits In The Land Of Mary” erschien 2007, das dritte Album wird gerade vorbereitet. Zur Band gehören neben Jurgis Aurelijus Morlencas (Bass, Gesang), Sergej Makidon (Drums), Jievaras Jasinskis (Trompete, Gesang) und Laurynas Lape (Trompete).




Der Eurovision Song Contest ist zwar eine großartige Live-Übertragung, bedauerlicherweise gilt dies allerdings nur für den Gesang, die Instrumentalmusik kommt von Tonträgern. Da InCulto nur ungerne ihre Live-Musik imitiert, bleiben die Hände frei und man darf gespannt sein auf die Performance. Etwas davon kann man schon auf ihrer Homepage sehen.










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