Sonntag, 8. Januar 2017

Musik und Militär - Refugees passen nicht zum Militainment der Eurovision

Vor kurzem gab der NDR die 5 Teilnehmer der deutschen Vorentscheidung zum ESC bekannt. Auf youtube kann man hören, wie die jungen Frauen wieder vor sich hinmurmeln, die Männer ihre Töne herauspressen, alle in der Hoffnung, damit einem vermeintlichen US-Ideal nahe zu kommen. Alle Sprachen außer englisch sind verpönt. Noch nie nahm ein Repräsentant der Migration an der Vorentscheidung teil, so auch dieses Jahr nicht. Und das in Deutschland, das laut Eurovisions-interessierte Grüne Partei "Vielfalt und Respekt lebt, modern und weltoffen ist, anstatt Angst zu machen".

US-Militainment entlarvt Anliegen der Offenen Gesellschaft als Worthülsen 
Die Open Society Foundation, Robert-Bosch-Stiftung, Bertelsmann-Stiftung, Stiftung Futurzwei, Diakonie, Denkfrabrik adelphi-research, Deutsche Filmakademie, deutsch plus, das Deutsche Theater u. a. fordern auf, „365 Tage Offene Gesellschaft“ zu feiern, von der Filmpremiere über das Musikfestival, die Debatte, das Theaterstück bis hin zur Demonstration. Dennis Schmidt-Bordemann klärt auf, dass wir „für ein offenes, tolerantes und humanes Europa einen Wettstreit der Ideen, der Phantasie, der Kreativität brauchen“. 

Wieso aber werden dann populäre Wettkämpfe wie der ESC 
  • mit altmodischen anglo-amerikanischen Beiträgen immer eintöniger und sprachärmer, 
  • mit nichtssagenden Castingstars und ihren abgerichteten Fans immer einfältiger,
  • durch Monopolstellung eines amerikanischen Labels immer wettbewerbsfeindlicher und 
  • gegenüber Nicht-Nato-Länder immer aggressiver und inhumaner? 

Die einfältigsten Unterhaltungsangebote entlarven die Worthülsen und Durchhalteparolen der Politiker als Terror gegen die gesamte Bevölkerung 
Die Diskrepanz zwischen hochtrabenden Ansprüchen transatlantischer Glaubensbekenntnisse zur Offenen Gesellschaft bei gleichzeitiger Verunmöglichung der Umsetzung im Alltag scheint darauf angelegt, alle Beteiligten – Einheimische wie Zugereiste – zu irritieren und unter ihnen den Selbst- und Fremdhass zu schüren, indem sie die historische, kulturelle und sprachliche Selbstverleugnung als das 1. Gebot verkünden. Dafür möchte ich ein paar Beispiele geben:

Wo sind die Refugees, die mit ihrer Musik- und Sprachtradition unseren kulturellen Wettstreit anfeuern? 
Sie sollen doch mit uns auf unseren Sofas sitzen, von unserem Bierchen trinken, aus unserer Chiptüte essen, mit uns im Koran lesen, aber dann ausgerechnet auf ihre eigene Popularkultur verzichten? Hier meine Auswahl für eine Vorentscheidung: 

So weltoffen könnte es klingen, wenn ein Syrer den ESC gewinnt.

Warum sollte nicht mal ein afghanisches Lied optimistisch und leichtfüßig als Sieger gefeiert werden können? 

Während uns die Amis mit Krötengejaule von Lena bis Lary terrorisieren, warum spielen sie die perfekte Musik der Offenen Gesellschaft ausgerechnet im weit entfernten Coke Studio in Karachi (Pakistan) ein?

Wenn überhaupt, dürfen sich junge Migranten in Deutschland nur in Moscheen, Dönerbuden und bestenfalls im Rap austoben, sich dann aber mit dem Etikett „Parallelgesellschaft“ abwerten lassen. Nie werde ich vergessen, wie mir die Kinnlade herunterfiel, als Deso Dogg 2008 auf RBB Radio Fritz seine Biografie schilderte. Unbeaufsichtigt auf der Straße aufgewachsen, schon als Kind von Drogen-Dealern abhängig und erpressbar gemacht. Dieser Lebenslauf wird sich bei den zahllosen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen wahrscheinlich wiederholen. Deso Doggs daraus resultierende Radikalisierung trug einerseits zur Stigmatisierung der Migrantenkultur bei, wichtiger noch ist, dass diese brutale Seite der Migrationsgeschichte als wesentlicher Bestandteil deutscher Nachkriegsgeschichte für Historiker einfach kein Thema ist. 

Als ESC-Fan habe ich gelernt, dass die Spielregeln des US-Militainment eine einzige Anstrengung sind, um jede Form der Solidarität zu verhindern  
Selbstgerecht streichen sich die Vertreter der Offenen Gesellschaft über ihre Bäuche: „1945 gab es in Deutschland 55 Millionen Flüchtlinge, Vertriebene, befreite Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge; seither schreiben wir eine unglaubliche Erfolgsgeschichte der Integration, fortgesetzt später durch die Integration der sogenannten Gastarbeiter, der Boat-People aus Vietnam und Laos, der Jugoslawien-Flüchtlinge, der Spätaussiedler.“ 

Ich halte dagegen: Schon die beschämende Bezeichnung „Flüchtling“ zementiert einen Notstand, mit der sich für die hegemoniale US-Unkultur automatisch ein Stolz auf Sprache, Herkunft und Tradition verbietet. Lustigerweise könnten sich an diesem Punkt Refugees und sog. Rechtspopulisten, die die deutsche Sprache und Tradition verteidigen, solidarisieren. 

Länder wie Norwegen schienen auf den ersten Blick etwas fortschrittlicher, als sie 2014 einen jungen Einwanderer  aus Somalia an der norwegischen ESC-Vorentscheidung teilnehmen ließen. Mohamed 'Mo' Farah Abdi , bekannt als Überlebender des Breivik-Attentates, reichte uns die Hand, sang von „Heilung“. 

Leider entschied man sich in Norwegen lieber für einen mit Schnulze getarnten Türsteher und ehemaligen Kosovo-Kämpfer. Zufall?

Die offene Gesellschaft zu Ende gedacht ist Gehirnwäsche und Totalitarismus 
Forderungen der Offenen Gesellschaft werden im Unterhaltungsangebot der Medien nicht umgesetzt. Millionen Formatradios dudeln 24 Stunden am Tag anglo-amerikanisches Zeug. Im TV dominieren Castingshows, in denen anglo-amerikanische Coverversionen rauf und runter gesungen werden. US-Serien in Wiederholungsschleife. Der deutsche Film wird immer beschissener. Die Eurovisionsstars verdienen nur noch als konfektionierte Kunstprodukte amerikanischer Militärindustrie Beachtung. Gerade bei der Eurovision kann man studieren, wie die US-Musikindustrie das Gesamt-Niveau in Europa immer mehr herunter drückt.


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