Mittwoch, 24. April 2013

Beim Eurovision Song Contest werden tote Vögel aufs Dach fallen

Schräge Vögel, Paradiesvögel, Spaßvögel, Vogelfederkostüme, Friedenstauben, Raubvögel, Krähen... beim Eurovision Song Contest alles schon dagewesen. Aber tote Vögel, die auf Dächer prasseln? 

Es war schon was Besonderes, als eine Profimusikerin wie Anouk Interesse an einer ESC-Teilnahme bekundete und einen „Killersong“ versprach. Ich fand es erfrischend, dass sie als ihre eigene Cheffin freie Hand bei der Wahl ihres Beitrags und ihrer Promotion einforderte. Unkonventionell war dann auch ihre verpennte Videobotschaft auf Facebook, in der sie ihre Teilnahme noch mal offiziell bestätigte. Ach ja, spätestens ab da hätte man es eigentlich schon ahnen müssen... 

… dass sie auch weiterhin aus dem Rahmen fallen würde. Und so wissen die ESC-Fans nun nicht recht, was sie von dem mit großer Spannung erwarteten Killersong von Anouk halten sollen. Die meisten finden das Lied extrem depressiv. Eine für Europa als repräsentativ zu betrachtende Umfrage in den Niederlanden hat ergeben: „Homo's vinden songfestivallied Anouk niets“. (Die Schwulen halten nichts von dem Lied). 1/3 findet es einfach nur schlecht, 1/3 mittelmäßig. Das letzte Drittel findet den Song spitzenmäßig, aber dazu ist zu vermerken, dass den Niederländern mittlerweile die Sympathie nur so zufliegt, weil man sie sich endlich, endlich mal wieder im Finale wünscht.

Selbst Anouks schwedischer Produzent und Komponist des Liede, Tore Johansson, der zur alternativen Musikszene gehört und mit dem Contest nichts am Hut hat (ja, solche Schweden gibt es auch noch), hat sich über Anouks Liedwahl gewundert. Seine Meinung: „Birds is te goed voor het Songfestival“.


Die für Euro-Pop ungewöhnlichen Akkordfolgen erinnern mich an Musical und passen zur instabilen Stimmung, als Hörerin fühle ich mich allerdings ein wenig an der Nase herum geführt. Was mich stört, ist das Fehlen einer Climax, das mir Anouks Können vorenthält sowie der einschläfernde Rhythmus. Im Bezug zum Text bekommt der Rhythmus allerdings was Stimmiges, da es das Kreisen der Gedanken zum Ausdruck bringt.

"Birds falling down the rooftops,
Out of the sky like raindrops,
No air, no pride,
Birds."

Der von Anouk verfasste Liedtext macht mich stutzig. Würde Anouk die schweren Regentropfen mit herab fallenden Vögeln vergleichen, wäre das zwar unpoetisch, aber noch nachvollziehbar. Dass sie aber das Bild umdreht und das Herabfallen der Vögel auf Dächer mit dem Regen vergleicht, ist mir zu absurd. So weit sind wir angesichts der Umweltverschmutzung und Vogelgrippe noch nicht! Mit diesem grotesken Bild wird für mich der sanfte Beitrag zur Ironie, mit der sie sich zur Spaßveranstaltung distanziert. Weiter heisst es:

"If being myself is what I do wrong,
Then I would rather not be right."

Anouk will sich nicht verbiegen, auch nicht für den ESC. Und jetzt seien wir mal ehrlich: Welche Optionen hat sie als Frau und Profi in dieser Show? Mit Schwulen, Castingsternchen und Chauvinisten um Eitelkeit wetteifern? Wettbewerb spielen in einem Wettkampf, in dem alles vorab inszeniert wird? Seit Jahrzehnten wird das ESC-Business von den immer gleichen Männern mit ihren immer gleichen Geschichten dominiert, Deutschland ist da geradezu ein Paradebeispiel. Ich bin die einzige Frau, die regelmäßig zu diesem Thema publiziert.

Die Abstimmungsmodalitäten zeigen schon, dass diese Männer eine sehr eingeschränkte Vorstellung von Erfolg haben, die mit Musik nicht viel zu tun hat. Von deren Wunschvorstellung bezüglich weiblicher Starprofile ganz zu schweigen... Auch ist es ein schlechter Witz, dass die Wettbewerbsregeln ausschließlich von TV-Leuten in Hinterstuben ausgetüftelt werden. Damit wird regelrecht verhindert, dass die Musiker mit IHRER Musik ein aufrichtiges Feedback vom Publikum bekommen. Den Rest erledigt die schrittweise Abschaffung der Live-Musik. Welcher Profi will sich mit One-Hit-Wonder und Nichtskönner im Playbackvortrag messen?

Sollten also die vom Himmel herab fallenden Vögel eine Anspielung auf die Dominanz männlicher Paradiesvögel sein, ist ihr Song wahrhaft ein „Killersong“, und dass sie deren Spaßwettbewerb mit einer Art Kindelwiegen ausbremst, ist auf andere Art "spaßig". Aber „zu gut für den Contest“ empfinde ich dieses Lied nicht. Etwas mehr Power und Dramatik hätte dem Lied nicht geschadet. Meine 12 Punkte hat sie, aber bitte keine Vorurteile strapazieren, wenn für diese „gepflegte Langeweile“ aus Osteuropa nicht genug Anrufe kommen.

Depressives nehme ich weder im Lied noch bei Anouk Teeuwe wahr. Die 38-jährige alleinerziehende Mutter von 4 kleinen Kindern wird kaum Zeit für Depressionen haben.

Seit 17 Jahren im Musikgeschäft, setzt sie einfach nur die Schwerpunkte anders. Ihr sind die 2 Wochen Abwesenheit für den ESC in Malmö schon fast zu viel. Sie will die Zeit zwischen den Proben, den Pressekonferenzen und ihrem Auftritt für Studioarbeit am Album nutzen, wobei es günstig ist, dass ihr Produzent in Schweden lebt.

Ihr Verhältnis zum ESC: "Ik kijk meestal achteraf een beetje de hoogtepunten. Niet de hele show, dat is me te veel en houd ik niet vol." (Ich schaue es mir meistens im Nachhinein an, aber nur die Höhepunkte. Die ganze Show halte ich nicht aus.) Sie wird sich von einem Backgroundchor begleiten lassen, würde aber am liebsten alleine auf der Bühne stehen. Im Großen und Ganzen freut sie sich schon auf 2 Wochen Urlaub mit Freunden und Bekannten: "Ik zit daar met vlag en al, ik ga zwaaien ook. The whole shebang, anders moet je het niet doen."


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Mittwoch, 17. April 2013

Georgia will win the Eurovision Song Contest 2013

Last year, I correctly predicted the victory of Sweden, this year I'm going for Georgia. Why Georgia? 

1. This year's Eurovision contribution from Georgia has nothing to do with Georgia. This logic follows European strategies and should accordingly be rewarded by the voting, as 2011 with Azerbaijan. 

Just like the song from Azerbaijan 2011, Georgia’s song is from Sweden, from Erik Bernholm and Thomas G:son (Thomas Gustafsson). G:son is the composer of the winning song from the previous year (Euphoria). G:son can be seen as an intensified mix of Ralph Siegel and Stefan Raab. He defenses his Eurovision titel under Georgian flag. 

2. G:son composes according to the principles of a lottery player. He has already tried 64 times with similar songs to participate in ESC, specifically for Sweden, Spain, Norway, Finland, Denmark, Poland, Romania, Belgium and Malta. From these experiments he has won 8 times the pre-selection and 1 time the ESC. But of course even more is possible. 

This year G:son started 8 attempts, namely 5 for Sweden, 1 in Denmark, 1 in Malta and 1 in Georgia. He was able to achieve in Georgia his masterpiece, because he had no rivals and was nominated. Unfortunately it is not known how many songs he has really submitted to the Georgian. Now G:son this year is actually represented with only one song, so that he has to put everything on one card. Tension! 

3. From his Swedish point of view it appears comprehensible that he involves Swedish background singers for a Swedish show. To keep up a reference to Eurovision and Georgia, there were engaged two professional singers from Georgia who now will act as a dream couple: Nodi Tatishvili and Sophie Gelovani

4. Nobody will be surprised that Georgia's song "Waterfall" resembles the song of Russia "What If" in many ways, finally, both songs are Swedish productions. In both cases it is a catchy power ballad with touching strings and delayed rhythm for anticipated standing ovation. One can practice at [02:10]. Too bad that they have this year removed the seats for fans. 

5. G:son's Swedish colleagues have again changed the voting procedures, so that the voting of audience loses influence. But as public controls are not allowed, it is useless to start discussions about this. These adjustments are only to justify the victory. 

6. Sweden against Sweden in Sweden ... with similar Swedish songs. This provides plenty of variety and drama. To add a further element of dramatization show producer Christer Björkmann abolished the draw for the starting order to adapt it according to his Swedish taste. Now G: son's strongest rivals from Macedonia, San Marino, Azerbaijan, the Netherlands, Ukraine and Russia start early in the shows and one after another with the result that the TV audience will easily forget them. Not to mention the fatiguing effect of the floods of ballads to the fans standing in the hall... 

Only G:sons ballad for Georgia got a very advantageous position in the starting field: In the 2nd Semifinals start number 15, after an Albanian piece of rock and before Swiss Salvation Army.

Non-Eurovision fans might wonder why the ESC-fans do not protest against such an obvious abuse of the competition. 

1. G:son is not an isolated case. Swedish composers, writers and producers specialized entirely on the ESC. 

2. With shows as the Swedish Melodifestivalen and with marathons of pre-selections the Swedes celebrate their Melodi Grand Prix throughout the year. They established long-term relationships with a homogeneous, highly organized international fanbase. At least these groups have no longer to do with original fan culture. They function more like guided consumer associations. See video of the Russian Song "What If". 

3. From this we may conclude: hardcore fans are indoctrinated Sweden fans. 

German broadcaster NDR has already promised to "his fans" in chummy service jargon that this Swedish concept will be introduced in Germany. Not hard to guess who will be Germany's G:son and Björkmann in one person. 

Back to Georgia: 
In this way we learn just as little about Georgian music as we learned about Azerbaijani music. Georgia’s culture becomes a white spot on the map. That this isn’t true proves a concert by The Shins. 



What a differance to their ESC song! Only a fraction of this Georgian music at ESC and I would be happy. But at least I can look forward to next year, because then I will go back to the Caucasus, because G:orgia will win.


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Mittwoch, 10. April 2013

Russia parodies the Eurovision Song Contest

This year Russia has produced a music video in which they parody their own Eurovision entry. With an amusingly selected audience they anticipate their success at Eurovision Song Contest, but there is to pay a high price: What you see in the end is fun-fascism. 



Actually the song sounds too nice to derive a critical text. But is this appeal to humanity not almost too much? Wouldn't it be a shame not to describe the well made discrepancy between tonal and pictorial language of the clip? So I am going to start: 

Just as trustworthy as German singer Nicole the young singer Dina Garipova dreams of a perfect world, too. She emphasizes her dream with strong voice and catchy power ballad. But the song is loaded with rhetorical questions that take general agreement for granted. 

In the clip public’s consent is taken to the extreme. But in contrast to Dina’s wide-open heart the film setting acts in a claustrophobic hermetically shielded room. The old-fashioned proscenium stage provides a clear division of roles between transmitter and receiver, so that the constant repetition of words as "together" and "we" becomes contradictory. With the line "What if we came together as one" the song refers to this year's Eurovision slogan of Sweden: 

"We Are One" 
We leave the music competition - the organization is negotiable. And so we are confronted with a repressive slogan that pretends harmony, but negates different opinions and criticism and excludes tolerance. Such slogan would have fit to a church congress or political party conference, but not to a competition of pop music with 39 countries. 

In the clip we observe people charged with emotion. They more and more lose any critical distance from what is happening. They appeare affected, enthusiastic, blinded and stupefied. Does this music clip aktually spoil the fun? A little bit, but that's ok. Regarding the choice of such a slogan I do not believe in ignorance or accident. Perhaps it is to distract attention from the fact that there are planned political events in Malmö, where German and Sweden organizers will probably again evoke discussions about the exclusion of some countries: "[...] it is therefore relevant to ask about the significance of the places at the ESC is performed.”

The song "What If" is written by Swedish producers Gabriel Alares and Joakim Björnberg in cooperation with the Russian musician Leonid Gutkin. From Sweden, with Sweden, for Sweden, in Sweden... Have I to add that Dina Garipova is signed by Universal Music? 

Thus the Russian contribution is probably no alternative to the simplified strategies for success at the ESC, but their video at least makes us reflect the conditions of success and our role as fans and supporter.


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Mittwoch, 3. April 2013

Dänemarks Erwählte...

heißt Emmelie Charlotte-Victoria de Forest und ist ein Abkömmling von Queen Victoria (s. Foto), so wird behauptet. Ihr Großvater Maurice Arnold de Forest soll ein uneheliches Kind von Edward VII. und einer österreichischen Prinzessin sein. Diesen Stammbaum beansprucht sie jedenfalls in ihrem Marketing, seitdem eine dänische Zeitung (irrtümlicherweise) feststellte, dass ihr Großvater König Edward X. sei.

Zu König Edward VII. weiß Wikipedia zu berichten: "Aufgrund der Heiratspolitik seiner Mutter war Eduard mit fast allen europäischen Adelsfamilien verwandt und galt als „Onkel Europas“: so war er Onkel des deutschen Kaisers Wilhelm II. und des russischen Zaren Nikolaus II., des norwegischen Königs Haakon VII., Schwager des griechischen Königs Georg I. und Frederik VIII. von Dänemark, um nur die wichtigsten zu nennen." Das gibt schon mal 12 Punkte aus Deutschland, Russland, Norwegen und Griechenland.

Ihr Großvater heiratete in die Swedish nobility, und zwar in die Famile Armfeld, ihr Vater kommt aus Schweden, also auch noch mal 12 Punkte aus Schweden. Und sollte es sich dabei um die Familie um Gustaf Mauritz Armfelt handeln, der Diplomat in Schweden und Finnland war, kommen noch 12 Punkte aus Finnland zusätzlich. Den Rest der Stammbaumerforschung überlasse ich Rolf Seelmann-Eggebrecht.

Emmelie de Forest, bis zu ihrem Sieg der dänischen Vorentscheidung eine unbekannte, singt bereits seit Jahren im Genre Folkmusik mit dem Schotten Fraser Neill, und das gar nicht mal so schlecht.

Mit 18 zog sie vom Land in die Stadt nach Kopenhagen und nahm Gesangsunterricht. Mehr durch Zufall wurde ihr dann der Song „Only Teardrops“ von Lise Cabble (bereits mit mehreren Songs beim ESC erfolgreich), Julia Fabrin Jakobsen und Thomas Stengaard angeboten, mit dem sie dann bei der dänischen Vorentscheidung antrat, wie sie in einem Interview mit eurovision.tv berichtete.

Barfuß, im Nachthemd und leicht aufgekratzt, mit Background-Sänger, Tin Whistle Spieler und Tambouren wird sie jetzt Dänemark in Malmö vertreten und ist dabei fest entschlossen zu gewinnen. Wenn doch nur nicht schon letztes Jahr eine aufgekratze Frau im Flatterhemd gewonnen hätte...
Emmelie de Forest mit Only Teardrops



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Montag, 1. April 2013

Mazedonien vor der Morgendämmerung

Mazedonien lässt sich dieses Jahr von der Grande Dame des Roma-Gesangs vertreten: Esma Redzepova. Gemeinsam mit dem jungen mazedonischen Sänger Vlatko „Lozano“ Lozanoski wird sie das Lied „Pre da se razdeni“ (Vor der Morgendämmerung) singen. Ich mag dieses Lied sehr, obwohl die Produktion nicht gerade wohlgeraten ist. Was hätte dagegen gesprochen, das Lied mit mehr akustischen Instrumenten einzuspielen? So klingt es stellenweise lieblos und Störgeräusche und Comic-artige Sounds lassen den Einsatz von Esmas Gesangspart komisch wirken.



Esma Redzhepovas bekannteste Lied „Čaje šukarije“ kennt jeder, und sei es auch nur durch den Borat-Film „Kulturelle Lernung von Amerika um Benefiz für glorreiche Nation von Kasachstan zu machen“. Sacha Baron Cohen hatte das Lied zum Verdruss der Interpretin Esma Redzhepova im Film „verwurstelt“. Das Lied ist aus dem Jahr 1961 und gilt als der erste kommerzielle, erfolgreiche Roma-Hit.

Die 1943 in Skopje (Mazedonien) geborene Esma Redzepova kann seit diesem Hit heute auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken: 15000 Konzerte in ca. 30 Ländern, 108 Singles, 20 Alben (2x Platin, 1x Gold) und 6 Filme. Für ihr humanitäres Werk wurde sie sogar 2x für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Als Vermittlerin zwischen Roma und Nicht-Roma wurde sie zur „Queen of Gypsy“, zum „Millenium Singer“ und zur „Primadonna of the European Singing“ gekürt und bekam schließlich den UNICEF Award.

Während also im kommunistischen Bulgarien Minderheiten verfolgt wurden, beweist Esmas Karriere, dass die Roma im ehemaligen Jugoslawien viele Freiheiten genossen. Indem man ihnen z. B. Zugang zur Bildung gewährte, entwickelte sich nur hier eine akademische Roma-Elite. Leider hat sich die Lebenssituation der Roma durch die politischen und sozioökonomischen Auflösungsprozesse der 90er Jahre wieder extrem verschlechtert. Nur Mazedonien stellt noch eine Ausnahme dar, hier sind ihre Rechte Teil der Verfassung. Sie haben politisches Mitspracherecht und ihre Kultur wird wie ein eigenständiger Wirtschaftszweig vermarktet.

Bei der Recherche stieß ich auf den Film-Trailor „Gypsy Caravan“ (When The Road Bends) mit u. a. Esma, wie sie durch Amerika tourt, und plötzlich erinnerte mich die paradoxe Situation der Roma an die der Schwarzen: Je machtloser sie politisch und gesellschaftlich waren, desto mehr wuchs ihr Einfluss im kulturellen und musikalischen Bereich, je mehr sie sich integrierten, desto mehr vewässerte der kulturelle Einfluss. Unterdrückte und an den Rand gedrängte Gruppen scheinen eine sehr ausdrucksstarke Musik zu entwickeln, die sich vor allem in Improvisation und im emotionalen Ausdruck der Stimme äußert. Man achte im folgenden (fantastischen!) Song Hajri Ma Te Dike auf Stimme und Bläser.

Der Roma-Stil wird beim nächsten ESC (wenn auch in sehr abgeschwächter Form) sein Debüt feiern, denn Esma Redzepova wird einige Parts in Romani singen. Es gibt viele gute Interpreten dieses Jahr, dazu zählt gewiss auch ihr junger Duettpartner Vlatko, aber Esmas kurzer Auftritt ist der ausdrucksstärkste und emotionalste. Akustisch wie auch optisch wirkt sie auf mich wie eine Bluessängerin.

Und jetzt kommt die ESC-Groteske: 
Das mazedonische Publikum musste die weltberühmte Esma erst an ihre Rolle als „Gypsy-Queen“ erinnern und sie auffordern Roma-Musik zu singen, ansonsten hätte sie „verwässerten“ Ethno-Pop gesungen. Der Wahl dieses Liedes ging nämlich ein politischer Skandal voraus, der kurz rekapituliert werden soll

Am 28.12.2012 gab der mazedonische Fernsehsender MRT die Nominierung von Esma und Vlatko bekannt. Am 19.02.2013 präsentierten beide ihren ESC-Videoclip „Imperija“ (Imperium). 24 Stunden später musste dieses Video auf Grund von Beschwerden aus dem In- und Ausland wieder zurückgezogen werden.

Kritiker sahen darin nur plumpe Werbung für das von der konservativen Regierung forcierte und politisch umstrittene Projekt „Skopje 2014“, das eine Verschönerung von Skopje ausschließlich mittels Bau von Repräsentationsobjekten und nationalen Denkmälern vorsieht. Das Video präsentierte in der Tat ein „mazedonisches Disneyland“. Ganz zu Anfang wurde ein Reiterdenkmal von Alexander dem Großen eingeblendet, was in Anbetracht des Titels „Imperija“ vor allem von Bulgaren und Griechen als eine provozierende Geschichtsverfälschung betrachtet wurde. Nicht von ungefähr heißt Mazedonien beim ESC immer noch „FYROM“ (Former Yugoslav Republic of Macedonia).

Das Lied war ein einfaches Ethno-Popstück in mazedonischer Sprache, in dem Esma nach Meinung der Mazedonier überhaupt nicht ihrer Rolle als „Queen of Gypsy“ gerecht werde. Esma selber schien sich lieber als eine Mazedonierin präsentieren zu wollen. Grundsätzlich setzt sie sich sehr für den EU-Beitritt Mazedoniens ein und wollte in dieser Mission beim ESC auftreten. Vielleicht wollte sie mit Video, Liedtitel sowie auch dem Projekt Skopje 2014 diese Botschaft unterstreichen...?

Kurzfristig über das negative Feedback erschüttert, steckte sie es aber dann professionell weg. Musiker und TV-Anstalt zeigten sofort Einsicht und waren bereit, ein anderes Lied zu wählen. Der jetziger Beitrag „Pre da se razdeni“ wurde von Darko Dimitrov und Lazar Cvetkovski in Zusammenarbeit mit ihrem Sohn Simeon Atanasov geschrieben. Ich halte es durchaus für denkbar, dass die sonderbare Hintergrundmusik und der stellenweise komische Text ein bisschen Restwut wegen des Liedtausches zum Ausdruck bringen soll.


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